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gwyn

Posted on 29.4.2025

«Dieses Buch läuft auf eine Hoffnung hinaus. Dass nämlich mehr Menschen in Deutschland leben, die Schuldzuweisungen nicht belohnen, sondern sich nach einem höflichen, normalen Umgang sehnen, im demokratischen Streit. Dass mehr Menschen bereit sind, notwendige Veränderungen anzugehen, statt die Probleme zu ignorieren, und das auch schon tun - jeder und jede nach den eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten. Dass mehr Menschen den Optimismus wollen, als im Pessimismus zu versinken. Menschen, die nicht lautstark klagen, aber angesichts all der Zielkonflikte kopfschüttelnd an der Seite stehen und denken: »Wie soll das nur alles gehen?» Die Zeiten sind sehr anspruchsvoll und fordern von uns allen viel. Die Nachrichten oft schlecht, die Aussichten nicht besser. Aber müssen wir in der Sorge und Trübsinn verharren? Robert Habeck beschäftigt sich mit den Problemen dieser Zeit, stellt fest, es gibt auch Hoffnung und Zuversicht. Das Glas halb voll oder halb leer? Und warum sprechen wir nicht über Perspektiven?, stößt er an. Habeck analysiert, wie wirtschaftliche Prosperität die Voraussetzung von Freiheit ist, wie wir die soziale Marktwirtschaft erneuern und wie wir die Fundamente der Gesellschaft stärken. Unsere Gesellschaft braucht den Blick auf das Positive und Mut, dort anzusetzen, um nach vorn zu schauen. Wir können den Bach raufgehen - dieses Buch zeigt den Weg. «Wir haben auf die großen Fragen keine hinreichend großen Antworten gegeben.» Habeck erklärt, die Probleme der Zeit, den Klimawandel, verschlafene Technologien, einen herabgewirtschafteten Staat, der seiner Meinung eine Investition benötigt, die durch die Schuldenbremse behindert wird – aber die Tonalität ist vom Grundton mit positivem Denken gesetzt, denn es gibt auch Gutes zu berichten. Selbst ein Nicht-Grünlinksversiffter wird ihm in großen Teilen zustimmen können. Und wenn wir nun nach der Wahl sehen was passiert – so hat die CDU dieses Denken, Habecks Vorschläge zum Teil übernommen, obwohl sie während der Regierungszeit und im Wahlkampf genau hiergegen geschimpft hatten und versuchten, Habeck zu zerlegen. Ein bissschen Selbstreflexion, Politisches, Philosophisches, ein wenig Persönliches, Anekdoten. Zum sogenannten «Heizungsgesetz», dass ja von der CDU-Vorgänger-Regierung beschlossen wurde, haben viele Medien viel Blödsinn geschrieben. Hier kann man nachlesen, wie es wirklich war, und Habeck meint dazu, ein Bürgerrat, der «die Menschen in die Entscheidungsprozesse reinholt und sie um Lösungsvorschläge bittet», würde er das nächste Mal einsetzen; hier habe er nicht gut kommuniziert, und es wurde zerredet. Wir lernen die deutsche Sprache in ihren Auswüchsen kennen: Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung – ok, es geht auch kürzer: EnSikuMaV, viel Spaß beim Aussprechen der Abkürzung! Die Genehmigung einer Stromtrasse mit 100 km dauert ziemlich lange, weil 19.000 Seiten von den Beamten durchzuarbeiten waren. Die lesen das wirklich, Seite für seite stellte Habeck fest, hat diesen Weg erheblich verkürzt durch Teamwork: Eine KI erfasst nun den Text auf seine Richtigkeit. «Die Zeit, in der wir unseren militärischen Schutz an die Amerikaner delegieren konnten, ist vorbei. … Putin will – da sollten wir uns nichts vormachen – die Einigung und Einheit Europas zerstören.» Wer Habeck verfolgt, erfährt nicht viel Neues, vielleicht ein paar nette Anekdoten – doch komprimiert liest sich das gut und parteiübergreifend. An manchen Stellen ein wenig pathetisch, aber das ist eben authentisch Habeck. Kann man auf die großen Fragen Antworten geben in einer Welt, die um uns herum voller Veränderung ist. In die Zukunft schauen kann niemand. Doch es gibt sie immer, die guten Modulationen, man muss nur genau hinschauen. Aus Zusammenbruch die Erneuerung ziehen – was in den USA derzeit zerstört wird, können wir hier aufgreifen und eigenständig weiterführen. Blicken wir zurück – es gibt jedes Jahr mehr erneuerbare Energien, weniger fossile Verbrennung; gute Ideen für die Zukunft. Auch stehen wir an einer Zeitenwende, die Kriege an uns näher herangerückt hat – eine Chance für Europa, sich als Einheit zu positionieren. Weg von der Spaltung der Gesellschaften, hin zu mehr Verständnis von anderen Positionen, das Zuhören wieder aktivieren, und weg vom Populismus, der als solcher entlarvt werden muss. Habeck warnt vor österreichischen Verhältnissen, wo rechte Populisten ganz vor liegen und die Parteien nicht mehr miteinander reden können – kein politisches Handeln mehr miteinander schaffen. Er fordert einen höflichen Umgang miteinander, kein Kampfgeschrei – auch den positiven Blick auf die Dinge zuzulassen, nicht im negativen Morast zu versinken. Jemand, der reflektiert, Fehler zugibt, der nicht nachtritt oder anderen die Schuld gibt. Habeck, wie man ihn kennt – eine Menge Charakterzüge, die ihn als Mensch sympathisch machen, ein Buch das nicht nur berichtet, was war, sondern auch, was sein könnte. «Wir haben angefangen, den über Jahre aufgebauten Berg an Problemen abzutragen. Dafür haben wir einen Preis bezahlt, einen politischen und einen persönlichen. Die Zustimmungswerte der Regierungsparteien sind stark gesunken; und ich habe Personenschützer um mich herum, selbst wenn ich jogge oder ins Kino gehe.» Robert Habeck, geboren 1969, studierte in Freiburg, Roskilde (Dänemark) und Hamburg Philosophie und Germanistik und promovierte 2000 mit einer Arbeit zu theoretischen Fragen literarischer Ästhetik. Zusammen mit Andrea Paluch hat er literarische Radiofeatures und Radiogeschichten für Kinder geschrieben und Gedichte von W. B. Yeats, Ted Hughes u.a. übersetzt. 2004 nahm seine politische Karriere mit dem Landesvorsitz der Grünen in Schleswig-Holstein an Fahrt auf. Im Kabinett Olaf Scholz wurde er Bundeswirtschaftsminister.

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