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Posted on 28.4.2025

*Spannender, vielschichtiger Oxford-Krimi* Mit seinem spannenden Kriminalroman „Ein Mord im Novenber“ präsentiert der britische Autor Simon Mason einen vielversprechenden Auftakt einer neuen Reihe, die im altehrwürdigen Universitätsstadt Oxford angesiedelt ist und sich durch eine sozialkritische Note auszeichnet. Im Mittelpunkt des Kriminalfalls steht das faszinierende und sehr originelle Ermittlerduo Detective Inspector Ray und Ryan Wilkins, das trotz desselben Nachnamens kaum unterschiedlicher sein könnte – sowohl hinsichtlich ihrer Herkunft als auch ihrer ermittlerischen Arbeitsweise. Die beiden werden mit der Aufklärung eines mysteriösen Mordfalls an einer unbekannten jungen Frau beauftragt, die im Büro von Sir James Osborne, dem Provost des altehrwürdigen Barnabas College, tot aufgefunden wurde. Keine leichte Aufgabe, denn wegen fehlender Anhaltspunkte ist lange Zeit unklar, wer das Mordopfer überhaupt ist. Ihre Ermittlungen gehen in verschiedenste Richtungen und führen sie von elitären, privilegierten Universitätskreisen bis in die sozialen Brennpunkte der Stadt wie Blackbird Leys, wo Armut, soziale Spannungen und Unruhen den Alltag bestimmen. So eröffnet Mason uns einen ungewohnten Blick auf das traditionsreiche Oxford, das er eindrucksvoll als eine Stadt mit zwei Gesichtern porträtiert. Atmosphärisch dicht und schonungslos führt er uns die sozialen Gegensätze, gesellschaftlichen Abgründe und die Schattenseiten des akademischen Milieus vor Augen. Die eigentliche Krimihandlung hat Mason äußerst komplex und vielschichtig angelegt, so dass es Aufmerksamkeit und Konzentration erfordert, die vielen bedeutsamen Details zu erfassen und den roten Faden nicht zu verlieren. Geschickt verwebt Mason in Nebenhandlungen zahlreiche Themen wie sexuelle Belästigung, Intrigen und Machtmissbrauch im akademischen Umfeld, dubiose Machenschaften eines umstrittenen milliardenschweren Scheichs sowie Flucht und Menschenhandel in seinen vielschichtigen Krimi. Immer neue Verdachtsmomente schaffen ein undurchschaubares Geflecht aus potentiellen Tatmotiven und Verdächtigen und sorgen für zahlreiche überraschende Wendungen. Mason gelingt es, die Spannung bis zum Schluss hochzuhalten und uns immer wieder auf falsche Fährten zu locken. Der Autor versteht es hervorragend, lebensnahe und glaubwürdige Charaktere mit vielschichtigen Persönlichkeiten zu erschaffen. Einfühlsam und tiefgründig hat der Autor seine faszinierenden Hauptfiguren mit ihren persönlichen Stärken und Schwächen ausgearbeitet, so dass man ihre Handlungen gut nachvollziehen kann. Besonders beeindruckt hat mich vor allem die komplexe Figur des aggressiven, unangepassten Underdogs Ryan, der aus einem Trailerpark stammt und eine Aversion gegen das Establishment hegt. Mit seinen verbalen Entgleisungen und Wutausbrüchen wirkt er anfangs fast etwas überzeichnet, wird aber schließlich mit seiner Hintergrundgeschichte über seine soziale Prägung und seinen Verletzlichkeiten immer überzeugender und gewinnt an Tiefe. Ryans extremes Verhalten und seine wiederholten Regelverstöße werfen allerdings gelegentlich Fragen hinsichtlich der Glaubwürdigkeit seiner Figur auf. Besonders gelungen ist zudem die Darstellung seiner liebevollen, fürsorglichen Beziehung als alleinerziehender Vater zu seinem kleinen Sohn, die uns die empathischen Seiten des Charakters hervorhebt. Während Ryan mit seinen höchst unkonventionellen Methoden die Ermitllungen vorantreibt, überzeugt der gebildete, wohlhabende Ray durch seine analytische Cleverness und angepasste Korrektheit. Als Universitätsabsolvent mit nigerianischen Wurzeln ist er charismatisch, sehr diszipliniert und ehrgeizig, doch muss auch er mit eigenen Unsicherheiten und dem starken Druck, sich in einer mehrheitlich weißen Gesellschaft zu behaupten, kämpfen. Das ungleiche Ermittlerduo Ray und Ryan Wilkins entwickelt eine faszinierende und glauwürdige Dynamik mit vielen Höhen und Tiefen und wächst einem zunehmend ans Herz. Im Verlauf der Ermittlungen wandelt sich ihre Beziehung von gegenseitiger Abneigung und Verachtung zu einer respektvollen Partnerschaft. Mason verdichtet die Handlung zunehmend und verknüpft nach und nach die zahlreichen verwirrenden Details und Enthüllungen miteinander. Die vielen Nebenschauplätze lenken allerdings stellenweise sehr vom eigentlichen Kriminalfall ab. Gegen Ende hin zieht die Spannung nochmals deutlich an und der Krimi gipfelt in einem packenden Finale. Schließlich fügt sich alles zu einer erschütternden, für mich überraschenden, dabei jedoch sehr plausiblen und nachvollziehbaren Auflösung zusammen. Ich bin sehr gespannt, auf die weitere Entwicklung im nächsten Band und hoffe sehr auf viele weitere packende Fälle für das ungleiche Ermittlerduo Wilkins.

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