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wandanoir

Posted on 26.4.2025

Kurzmeinung: Der Versuch aus der Entstehung einer Erzählung selber wieder eine Erzählung zu machen, belässt mein Interesse auf Sparflamme. Wie entsteht Literatur? Der Autor Tan Twan Eng landete mit seinem Roman „Das Haus der Türen“ auf der Longlist des Booker Prize 2023 – und hat mich dennoch nicht völlig überzeugt. Mit seinem für ihn wohl typischen, leicht exaltierten Stil, den manche elegant finden, doch das ist Geschmacksache, versucht Tan Twan Eng mit uns zusammen die Entstehung einer Erzählung des berühmten Autors William Somerset Maugham (1874 in Paris – 1965 in Nizza) mitzuerleben. Diejenigen, die diese Erzählung kennen, "The Casuarina Tree“ (1926), werden die Entstehungsgeschichte interessant finden. Aber die anderen? Der Kommentar und das Leseerlebnis: Zugegeben, zu Anfang, finde ich den Gedanken durch die Feder von Tan Twan Eng den berühmten Autor William Somerset Maugham auf einer seiner Reisen innerhalb Asiens zu begleiten, reizvoll. Ausgelaugt, erschöpft und krank findet er zusammen mit seinem Sekretär Gerald Haxton im Haus der Hamleys in Malaysia eine freundliche Bewirtung und Unterkunft. Man schreibt das Jahr 1921 und es ist unruhig in Asien. Das ist es in Asien um diese Zeiten immer irgendwo. Seine Gastgeber erinnern sich für ihn an das Jahr 1910, als China versuchte, die alte Kaiserdynastie abzuschütteln. Besonders Lesley, seine Gastgeberin erzählt William an langen Abenden unter vier Augen und vielem Whisky mit Eis-Geklirre von ihrem eigenen Engagement damals. Und von ihrer Ehekrise. Gemeinsam verfolgen sie auch den Gerichtsprozess Ethel Proudlocks, die als erste weiße Frau vor einem asiatischen Gericht sich für die Ermordung eines Verehrers verantworten muss. Obwohl Tan Twan Eng also drei Handlungsebenen gleichzeitig laufen hat, 1. einen Ausschnitt aus dem Leben des Autors William Somerset Maugham, 2. Lesleys politische Involviertheit von 1910 plus ihre Ehekrise und 3. einen Justizkrimi in der Romangegenwart 1921 schildert, verlieren weder der Autor noch der Leser die Übersicht. Tan Twan Eng ist souveräner Meister aller Zeitebenen. Der Roman bleibt dennoch merkwürdig handlungsarm. Nicht eine Spur von Spannung kommt auf! Eigentlich passiert nie etwas. Selbst wenn etwas passiert, passiert nichts. Sagen wir es so: die Wasser des Flusses bleiben glatt! Tan Twan Eng verlegt sich aufs Beschreibende - Landschaft und Mode, Bauwerk und Essen, dabei ist er erstens langatmig und zweitens, schlimmer, das Beschriebene ist mehr schmückendes Beiwerk als dass es von Belang für die spärliche Handlung wäre. Der Schreibstil, wie schon erwähnt, ist leicht exaltiert. Fazit: Obwohl durchaus interessiert an der Aufdeckung der in den Kolonien verborgen gelebten Homosexualität mancher Herrschaften und am Leben von William Somerset Maugham, kann der Roman mit seiner gemächlichen Gangart mich diesmal nicht mitnehmen, ich bin gepflegt gelangweilt. Wenn es sie überhaupt gibt, ist die Herrschaftskritik am Kolonialismus zu leise. Das Thema "Wie entsteht Literatur" ist aller Ehren wert, interessiert mich aber leider überhaupt nicht. Da bin ich ein Banause. Ergo: Eine schöne Idee, aber es fehlt der Pfiff. Kategorie: Literatur mit Anspruch Verlag: Dumont 2025 Longlisted für den Booker Prize 2023

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