
Fina
Gestaltung: Das Cover ist schlicht, aber ergreifend. Als das Buch im Print ankam, war ich allerdings positiv überrascht über die schöne Gestaltung. Zum einen ist der Schutzumschlag am Buchrücken metallic Silber und auch vorne etwas metallisch glänzend, und auf dem nackten Hardcover verbergen sich zwei wunderschöne geprägte Zitate. Deshalb gefällt mir das Gesamtbild sehr gut. Ein schönes Detail sind die illustrierten Innenklappen mit Zeichnungen der Franklin Expedition, um die es hier unter anderem geht. Darum geht's: In Großbritannien wird ein Experiment gestartet, bei dem durch eine Zeitmaschine ausgewählte historische Persönlichkeiten ins 21. Jahrhundert geholt werden, um zu testen, ob diese in der Jetzt-Zeit physisch und psychisch überleben können. Dabei bekommen sie Assistenten, sogenannte "Brücken", vom Ministerium zur Seite gestellt, die sie in ihrem Alltag begleiten und sie über die Gegebenheiten des aktuellen Zeitalters aufklären. Unsere namenlose Protagonistin bekommt Polarforscher Commander Graham Gore zugeteilt und zwischen den beiden entwickelt sich langsam eine Anziehung. Idee/ Umsetzung: Ich wusste nicht ganz, in welche Richtung mich diese Geschichte führen wird. Erst mal klingt es nach einer Fantasy Geschichte und hat mich ein bisschen an Mr. Parnassus erinnert, wo eine gewisse (fiktive) Behörde ebenfalls eine Rolle spielt. Beim Lesen wurde aber schnell klar, dass das Buch literarischer ist und die Zeitreise eher ein Stilmittel zu sein scheint, durch das viele grundlegende philosophische Fragen sowie Gesellschaftskritik eine neue Dimension erlangen können. Wir nehmen mit der Autorin gemeinsam eine Vogelperspektive ein und blicken auf unsere Menschheit und wie sie sich in den letzten Jahrhunderten entwickelt hat. Der Beginn der Geschichte, ich würde sagen die ersten 80 Seiten, waren sehr stark. Es wird nicht viel über die Funktion der Zeitmaschine verraten, aber ein bisschen mit dem Zeitreise-Paradoxon gespielt und erläutert, wie die Zeitreisenden, die sogenannten "Expads", ankommen und sich zurechtfinden. Das sorgt für ein paar skurrile und witzige Momente und ich hatte total Lust, weiterzulesen. Danach hat der Plot mich leider über lange Strecken verloren, denn über mehrere hundert Seiten wird der Alltag der Expads detailliert beschrieben und das empfand ich teilweise als wirr, recht langatmig und irrelevant für das Vorankommen der Geschichte. Die Autorin reißt viele gesellschaftliche Themen an, darunter Klimaschutz, Politik, Sexualität oder auch Kolonialismus. Das alles bleibt aber letztendlich doch eher oberflächlich, weil zu schnell zwischen den Themen gesprungen wurde. Ein Handlungsstrang rund um das Ministerium und die Expads wird mit der Zeit immer spannender und baut sich zum Ende hin mehr und mehr auf. Für mich hätte das gerne schon 100 Seiten früher geschehen dürfen. Obwohl ich diese Entwicklungen, die ohne groß zu spoilern eher in eine Action-Sci-Fi Richtung gehen, interessanter fand, ist die Autorin hier wiederum etwas übers Ziel hinausgeschossen. Würde mir jemand sagen, dass der Mittelteil und das Ende aus ein und demselben Buch stammen, ich könnte es nicht glauben. Aber zumindest war es hier unterhaltsam, da viel passierte und Twists kamen, mit denen ich absolut nicht gerechnet habe. Charaktere: Was ich an sich spannend fand, ist die Tatsache, dass die Autorin Commander Graham Gore in den Fokus der Geschichte stellt, der eine reale historische Persönlichkeit aus dem Kontext der Franklin Expedition von 1845 Ist. Zwischen den Kapiteln gibt es dazu auch immer wieder kurze Abschnitte, ähnlich wie ein Logbuch, zu lesen. So cool ich diese Idee finde, so langweilig fand ich leider diese Abschnitte, ich habe dazu leider keinen Zugang gefunden. Vielleicht hätte es mir besser gefallen, wenn es eine etwas bekanntere (oder zumindest mir bekanntere) historische Persönlichkeit gewesen wäre. Die angepriesene Liebesgeschichte finde ich im übrigen weitaus weniger dominant als sie hier tatsächlich beschrieben wird. Ja, es gibt eine Liebesgeschichte, aber die ist eher subtil erzählt und konnte mich emotional leider auch nicht wirklich berühren. Die Figuren bleiben leider ziemlich blass, was ich äußerst schade fand. Am interessantesten ist tatsächlich Graham Gore gewesen, die anderen Expands wurden nur entfernt beschrieben und lange Zeit mit ihrer Nummern-Bezeichnung genannt, wodurch ich sie nicht zuordnen konnte. Hier wäre bestimmt noch Potenzial gewesen. Die anderen Figuren waren auch nicht so richtig spannend, unsere Protagonistin bleibt namenlos und auch vom Charakter her wenig bemerkenswert. Ende: Wie bereits angerissen, war das Ende nochmal spannend, wendungsreich und hatte eine bittersüße Note, was ich grundsätzlich mag. Es konnte aber über den zähen Mittelteil nicht hinwegtrösten, sodass es damit ein eher durchschnittlicher Read war und mich eher unzufrieden zurücklässt. Fazit: Das Ministerium der Zeit hat ein paar interessante Ansätze und grundsätzlich mag ich die Idee hinter der Geschichte sehr. Hinter dem Titel kann sich ein Fantasyroman, eine Liebesgeschichte oder ein Thriller verbergen und nach dem Lesen habe ich den Eindruck, die Autorin wusste auch nicht genau, in welche Richtung es gehen sollte und es ist ein wilder Mix entstanden, der dadurch etwas inkonsistent wirkt. Ich bin nicht wirklich warm geworden mit der Geschichte, obwohl der Anfang und das Ende mir gefallen haben. Vielleicht lest ihr mal in die Leseprobe rein, was ihr dazu sagt. Zumindest kann ich guten Gewissens sagen, dass das Buch definitiv mal eine Lektüre der anderen Art war.