
pmelittam
Stell dir vor, deine Eltern, deine jüngere Schwester und dein kleiner Bruder werden in ihrem Urlaub in Mexiko tot aufgefunden, und du musst deinen älteren Bruder, der wegen des Mordes an seiner Freundin im Gefängnis sitzt, darüber informieren. Genau das passiert Matt Pine, gerade war er noch in seiner Studentenbude, im nächsten Moment steht die FBI-Agentin Sarah Keller vor ihm und informiert ihn über die Todesfälle. Und dann muss er auch noch nach Mexiko fliegen, damit seine Familie nach Hause überführt werden kann. Matt Pine ist mir direkt ans Herz gewachsen, wahrscheinlich auch, weil ich mich viel zu gut in ihn hineinversetzen konnte, und mit ihm gelitten habe. Er ist aber auch ein netter Kerl. Seine Familie musste seit sieben Jahren mit der angeblichen Tat seines Bruders leben, sein Vater kämpfte von Anfang an um dessen Freilassung, und es gab sogar eine Dokumentationsserie darüber. Erzählt wird nicht nur das aktuelle Geschehen, es gibt auch immer wieder Rückblenden ins Davor, wo man aus Perspektive der drei älteren Toten erfährt, was in den Tagen vor deren Tod passiert ist, am Ende erlebt man sogar die Todesnacht selbst mit, was mich sehr berührt hat. Dabei kommt das eine oder andere ans Licht, man lernt aber auch die vier Toten sehr gut kennen, so dass einen ihr Tod noch mehr mitnimmt, als es vorher schon der Fall war. Mir gefällt diese Erzählweise sehr gut. Gut gefallen hat mir auch Sarah Keller, die eigentlich gar nicht für Todesfälle zuständig ist, aber auf andere Weise mit dem Fall verbunden ist. Auch sie und ihre Familie lernt man kennen und mögen. Sie steht an Matts Seite, das hat mir gut gefallen, und möchte den Fall, der nicht nur die Frage aufkommen lässt, ob es sich um Mord oder einen Unfall handelt, unbedingt klären. Ich könnte mir gut vorstellen, Sarah Keller in weiteren Werken noch einmal zu begegnen. Auch andere Charaktere sind gut gezeichnet, ich mochte vor allem Matts Studienfreund:innen sehr, die sich rührend um ihn kümmern, jede:r ein ganz eigener Typ. Aber auch Matts weitere Familie, eine Tante und ein dementer Großvater, kommen einem nahe. So war ich von Anfang an emotional dabei und habe mitgelitten und mitgefiebert. Zusätzlich hat sich der Autor, der Anwalt ist, ein tatsächliches Problem des (usamerikanischen) Justizsystems vorgenommen, es spielt also auch eine gewisse Gesellschaftskritik mit hinein. Die Auflösung ist nachvollziehbar, und man erfährt auch noch ein bisschen Danach, was mir ebenfalls gut gefällt. Das Debüt Alex Finlays hat es direkt in sich, es hat mich gefesselt und mich das Buch kaum aus der Hand legen lassen. Sehr gerne empfehle ich es daher für Thrillerfans, bin gespannt auf weitere Werke des Autors, und vergebe gerne volle Punktzahl.