
schnaeppchenjaegerin
Ein Jahr nach dem Verschwinden ihrer älteren Schwester Aura kehrt Esther widerwillig in ihre Heimat Tasmanien zurück, um an einer Gedenkfeier für ihre Schwester teilzunehmen. Familie und Freunde trauern um die junge Frau, die zuletzt gesehen wurde, wie sie in Richtung Meer ging. Esther hat den Verlust nicht verkraftet, bewegt sich zwischen Schuldgefühlen, Einsamkeit und Wut und sabotiert ihr Leben, in dem sie sich nicht mehr Zuhause fühlt. Auf Drängen ihrer Eltern, die Auras Tagebuch gefunden haben, reist Esther auf den Spuren ihrer Schwester nach Dänemark und auf die Faröer, um eine Erklärung für Auras Verschwinden zu finden. In ihrem Tagebuch erzählt Aura durch Bilder von Skulpturen und Zitate aus Märchen und Sagen ihre Geschichte, die sich auch heimlich auf ihren Rücken hat tätowieren lassen. Für Esther ist es ein schmerzhafter Weg zu erfahren, wie wenig sie über ihre Schwester wusste. Gleichzeitig ist es ihr Weg der Trauerbewältigung und zu einem neuen Gefühl für sich selbst. Die Geschichte handelt im Jahr 2011, die Schwestern sind in den 1980ern groß geworden. Es wird immer wieder Bezug auf die 1980er, auf Musik, Filme und Bekleidung genommen. Passend dazu gibt es von der Autorin Playlists mit der im Buch erwähnten Musik, die auf Spotify abrufbar sind. Der Roman wird fast ausschließlich aus der Perspektive von Esther - der Schwanenschwester - erzählt, die nach dem Verlust ihrer geliebten älteren Robbenschwester den Halt im Leben verloren hat. Sie verheimlicht ihrer Familie ihren Job als Tellerwäscherin, tröstet sich mit unverbindlichem Sex und zu viel Alkohol. Der nicht verarbeitete Verlust belastet die Familie und die Beziehungen untereinander. Erst das Auffinden von Auras Tagebuch bietet die Chance herauszufinden, was der Grund für ihr Verschwinden sein könnte. Getragen von den Erinnerungen an die gemeinsame Kindheit und Jugend und von der Dechiffrierung der Botschaften und Symbole in Auras Tagebuch, begibt sich Ester auf eine lange Reise des Abschiednehmens. Sieben Märchen und Sagen über Selkies, Schwäne und Frauen, die ihre Stimmen und ihre Schwerter erheben, kennzeichnen Auras und Esthers Weg. Esther begegnet dabei nicht nur den starken Frauen in ihrer Familie, sondern auch zahlreichen Fremden, die sie liebevoll auffangen und unterstützen sowie Personen, zu denen Aura abseits Australiens Kontakt geknüpft hatte. Durch Gespräche und die Deutung der kryptischen Verse im Tagebuch offenbaren sich Auras Geheimnisse und ein tief sitzender Schmerz. Der Roman führt an malerische Orte, die bildhaft beschrieben werden. Er handelt von Schwesternliebe und von Trauer und ist schwermütig geschrieben. Die Geschichte entfaltet sich langsam und ist mit der Entschlüsselung der Fabeln und Mythen und Übertragung auf Auras Leben metaphorisch und in Teilen wiederholend. Die Verbindung zu den keltischen Ahninnen und zu den kraftvollen Geschichten über Verwandlungen ist faszinierend, aber man sollte für diese Art der Spiritualität und Folklore offen sein. "Die sieben Geheimnisse meiner Schwester" ist eine Geschichte voller Schmerz und Sehnsucht, die analog zu den Märchen eine Transformation beschreibt. Der Roman ist sehr symbolträchtig und feiert geradezu die Stärke der Frauen, ihre Verbundenheit und Solidarität, aber auch die Möglichkeit und den Mut für eine Veränderung und Verwandlung.