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anni_anushka

Posted on 6.4.2025

Das Verglühen eines Sterns Deutschland, 1920er: Die Goldenen Zwanziger sind angebrochen. Die westliche Welt schwelgt in Lebensfreude, die Kunst erlebt eine Hochphase. Anita Berber ist mittendrin als eine der schillernden Personen. Ihre Tänze sind skandalös und ziehen ein großes Publikum an. Sie ist dabei, als der Film massentauglich wird und ist als Stummfilmschauspielerin sehr erfolgreich. Doch jetzt liegt sie auf der Tuberkulosestation eines Berliner Krankenhauses und ihre Gedanken drehen sich um ihr exzessives Leben und ihren Absturz. "Der ewige Tanz" erzählt die Geschichte einer exzentrischen Künstlerin der 1920er Jahre, die es wirklich gegeben hat. Wer in einer Suchmaschine nach Anita Berber sucht, wird schnell fündig und kann sich zahlreiche Bilder anschauen, die auch im Buch thematisiert werden. Leider verrät der Klappentext schon recht viel, denn Anita Berber wurde nur 29 Jahre alt. Dennoch verfolgt man fasziniert den Weg dieser eigensinnigen Frau, die sich ein Monokel anfertigen ließ und als erste Frau in einem Frack auftrat, etwas, das Marlene Dietrich sich von ihr abschaute. Der Autor erweckt eine wundervolle Atmosphäre, die den Überschwang dieser Zeit und das künstlerische Milieu wie einen Fiebertraum wirken lässt. Man wähnt sich mittendrin in den Partys und Zwistigkeiten unter den Kunstschaffenden. Nicht lange und man beobachtet Anita bei ihrem Alkohol- und Drogenkonsum, hört die gehässigen Stimmen ihrer Kritiker:innen und folgt ihrem Kampf um Bedeutungserhalt und Einkommen. All das ist faszinierend und auf gewisse Weise fesselnd. Fast schon amüsant sind die Beschreibungen des aufkommenden Kinofilms und dem Beruf der Filmschauspielerei. Und dennoch fehlt etwas. Man kommt Anita Berber niemals emotional nahe. Man verfolgt das Verglühen dieses Sterns von außen, aber der Roman blickt nicht nach innen, was das emotional mit der Protagonistin gemacht haben könnte. Der Roman bleibt durchweg auf einer beschreibenden Ebene und geht nicht tiefer in die zwischenmenschlichen und innermenschlichen Dynamiken. So lässt der Roman insgesamt eine spannende und faszinierende Zeit und Gesellschaft auferstehen, aber wirklich nah kommt man seinen Figuren leider nicht.

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