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fernweh_nach_zamonien

Posted on 6.4.2025

Cosy Crime mit historischem Setting für zwischendurch: interessanter Ermittler, Mordfall unspektakulär, teilweise undurchsichtig. Inhalt: Im Herzen von London ist der Temple-Bezirk zu finden. Mit seinen alten Gebäuden und eigenen Gesetzen und Vorschriften ist er das Zentrum der englischen Juristen und zudem ein Ort an dem Mord seit Jahrhunderten nur in der Theorie und in Fallbüchern vorkommt. Alles ändert sich, als im Mai 1901 der Kronanwalt Sir Gabriel Ward bei einem morgendlichen Spaziergang durch die verwinkelten Straßen des Temple-Bezirks über die Leiche des Lordoberrichters Norman Dunnings stolpert. Da die Polizei aufgrund besonderer Gesetzgebung im Temple-Bezirk keinelei Befugnisse besitzt, wird Sir Gabriel Ward mit den Ermittlungen betraut. Ob seine gewohnte Methode aus Logik und Faktenanalyse ihm bei der Aufklärung weiterhelfen kann? Schnell findet er heraus, dass nicht nur der Temple, sondern auch Mord eigenen Gesetzen unterliegt. Zudem verstecken sich hinter den schweren Eichentüren und dicken Mauern zur Wahrung von Ansehen und Integrität mehr dunkle Geheimnisse, als man zählen kann ... Mein Eindruck: Dies ist der erste Fall für Kronanwald Sir Gabriel Ward. Der Untertitel "Ein Fall für Sir Gabriel Ward" lässt sowohl auf einen Reihenauftakt schließen und zeigt zudem Parallelen zu den Werken der Queen of Crime. Krimi-Fans dürfen sich freuen auf einen Ermittler, der - ähnlich wie Hercule Poirot - zur Genauigkeit, Besonnenheit und kristallklaren, logischen Denkweisen tendiert. Akribisch genau und mit einigen schrulligen Eigenarten ausgestattet (exakte Ausrichtung aller Gegenstände auf seinem Schreibtisch) nimmt er Lesende mit in eine interessante, historisch belegte Welt eines nahezu autonomen Bezirks innerhalb Londons. Der Autor vergleicht den "Temple" mit dem Vatikan in Rom. Da die Polizei keinerlei Befugnisse besitzt, wird Gabriel kurzerhand zum Ermittler und Constable Wright zu seinem - etwas blassen - Sidekick. Der Mordfall wirkt mysteriös, an Verdächtigen mangelt es nicht und wie bei vielen Krimis tappt man auch hier lange im Dunkeln. Es wird sich ewig an bestimmten Punkten aufgehalten, die für die Ermittlungen wichtig sein können; beispielsweise an der Tatsache, dass der Richter tadellos gekleidet, aber ohne Schuhe und ohne Strümpfe aufgefunden wurde. Gäbe es eine Checkliste für erfolgreiche Kriminalromane, hätte man an dieser Stelle bereits einige Punkte abgehakt. Leider driftet die Handlung schnell ab und der Fokus liegt plötzlich auf einer Gerichtsverhandlung zu einem Urheberrechtsfall. Es wird undurchsichtig, verwirrend und irgendwann uninteressant. Auch wenn am Ende (sehr übereilt auf den letzten Seiten) alle Fäden zusammenlaufen und ganz fix die überraschende Auflösung präsentiert wird: über viele Kapitel hinweg fragt man sich nach dem Sinn des Ganzen und die Story dümpelt vor sich her. Protagonist, Kulisse usw. bieten viel Potential, das dann leider nicht ausreichend genutzt wurde. So bleibt am Ende ein typisch englischer Krimi mit einem faszinierenden Ermittler, aber einem unspektakulären Fall. 3,5 von 5 Sternen. Fazit: Eher historischer Roman als Krimi. Interessant und unterhaltsam für zwischendurch, aber leider nur guter Durchschnitt, da die Story nicht überzeugt. ... Rezensiertes Buch: "Der Tote in der Crown Row - Ein Fall für Sir Gabriel Ward" aus dem Jahr 2025

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