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“Nichts ist so privilegiert wie die Annahme, die Geschichte wäre Vergangenheit.” (S. 14) Ebenso wie der Autor hatte ich angenommen, dass Tuberkulose oder auch Schwindsucht eine Sache der Vergangenheit ist. Dass es eine furchtbare Krankheit in der Geschichte der Menschheit ist, die wir zu unser aller Erleichterung heilen können und die der Vergangenheit angehören. In diesem Buch lernen wir, dass diese Annahme leider naiv ist und wieder einmal die schlechtesten Seiten der Menschheit außer Acht lässt: Klassismus, Rassismus, Kolonialismus. Genau darauf konzentriert sich das Buch folglich. Es zeigt den Klassismus und Rassismus in unserer Welt auf, der historisch bedingt besteht, aber auch noch heute seine hässlichen Seiten zeigt. Dafür angeln wir uns an der Geschichte Henrys entlang, der in Sierra Leone lebt, Tuberkulose hat und in einem Krankenhaus um sein Überleben kämpfen muss. Es zeigt dabei den Blick auf eine westliche Gesellschaft, die in anderen Ländern zum Teil nicht hilft, weil es sich ja nicht lohnt. Das Buch ist sehr aufrüttelnd und erschütternd. Der geschichtliche Teil am Anfang des Buches liest sich wahnsinnig absurd, weil die Sicht auf Tuberkulose geprägt war von Aberglauben und Vorurteilen. Und wenn man denkt, na immerhin wissen wir heute, dass es eine bakterielle Infektion ist und wie man sie heilt, zeigt der Autor, was für schreckliche Vorurteile auch heutzutage noch bestehen. Tatsächlich endet das Buch dann aber so ermutigend, dass ich wirklich große Hoffnung habe, dass dank größerer Aufklärung und der wertvollen Arbeit aller AktivistInnen und ÄrztInnen das Problem angegangen werden kann. Das Buch zeigt ein wirklich wichtiges und in Europa bisher medial wenig behandeltes Thema, das wir unbedingt angehen müssen. Wie das Buch aufgebaut ist, spricht dabei von einer großen Kunstfertigkeit und ich kann es wirklich nur empfehlen.