Profilbild von nil

nil

Posted on 24.3.2025

Landleben, Idylle, Naturverbundenheit – so romantisch sich diese Begriffe auch anhören mögen, in Martina Behms Roman "Hier draußen" zeigt sich schnell: Das Dorfleben hat seine eigenen Tücken. Fehrdorf, ein kleines holsteinisches Dorf, wird für die Großstädter Ingo und Lara Fenske zur Herausforderung. Die Menschen dort wissen, wo sie hingehören – nur die Neuzugezogenen straucheln. Und als Ingo auf dem Heimweg einen weißen Hirsch anfährt, geraten Aberglauben, Traditionen und die gut gehüteten Geheimnisse der Dorfbewohner ins Wanken. Martina Behm bringt mit feinem Humor und einem messerscharfen Blick für Details das Spannungsfeld zwischen Stadt und Land auf den Punkt. Ihre Figuren sind keine Klischees, sondern vielschichtig und lebendig. Besonders beeindruckend ist, wie sie verschiedene Perspektiven einnimmt: Mal erleben wir eine Szene durch die Augen eines Jungbauern, für den eine Rinderflucht vor allem peinlich ist, mal aus Sicht der wortkargen Landbewohner oder der überforderten Neuankömmlinge. Diese erzählerische Dynamik hält das Buch spannend und sorgt für eine außergewöhnliche Lebendigkeit. Ein besonderes Highlight ist die atmosphärische Dichte: Staubige Landstraßen, schwere Landmaschinen, der weiße Passat der Fenskes – die Bilder, die die Autorin zeichnet, lassen mich mitten ins Geschehen eintauchen. Dazu kommt ihre schnörkellose, pointierte Sprache, die das Buch zu einer echten Leseperle macht. Besonders gelungen ist auch, wie sie die ungeschönte Realität des Landlebens zeigt: das harte Dasein der Landfrauen, die Herausforderungen der Landwirtschaft und die Frage, was "Bio" wirklich bedeutet. "Hier draußen" ist ein Roman, der viel mehr ist als nur eine Stadt-gegen-Land-Geschichte. Er ist scharf beobachtet, klug erzählt und wunderbar unaufgeregt in seinem Humor. Wer literarische Unterhaltung ohne Kitsch und Klischees sucht, wird an diesem Buch große Freude haben. Und nach dem letzten Satz bleibt nur eine Frage: Wann kommt mehr von Martina Behm?

zurück nach oben