
marcello
Mit Mary E. Pearson verbinde ich einige Jahre beste Fantasy-Unterhaltung und sie ist mir wahrscheinlich genau deswegen so beeindruckend im Kopf geblieben, weil ihre „Chronik der Verblieben“ mich in einem Genre überzeugt haben, das bei mir kein Selbstläufer ist. Angesichts der Faszination, die sie bei hinterlassen konnte, ist es natürlich bedauerlich, dass sie nicht zu den Autoren gehört, die ständig einen raushauen, wobei das echt seine Vor- und Nachteile hat. Aber so verliert man Autoren auch schnell mal aus den Augen, weswegen ich bei „The Courting of Bristol Keats“ kaum glauben konnte, dass es endlich wieder Nachschub gibt. Und dann habe ich diesen Wälzer zwischen und leider sprang einfach kein Funken über. Ich habe insgesamt nun weit über einen Monat an Bristol Keats gelesen. Da es anfänglich schon so zäh war, hat mich die Seitenzahl, die ich noch zu bewältigen hatte, zusätzlich abgeschreckt und ich war echt demotiviert. So habe ich mir dann gesagt, dass ich ein wenig überfliege, vor allem die beschreibenden Passagen. Auch wenn das eigentlich wahrlich nicht der Sinn des Lesens ist, aber es hat in mir doch gearbeitet, dass Pearson als Erzählerin doch echt ein Gewinn ist, weswegen es nicht sein kann, dass es nicht Klick machen will. Tatsächlich muss ich sagen, dass ich beim letzten Drittel dann doch am Haken war. Auch wenn es mir weiterhin viel zu viele Charaktere waren, aber die zentralen, auf die es ankam, die habe ich immer besser sortiert und für mich charakterisiert bekommen, sodass ich dann echt noch Mitfiebern mit der Handlung entwickelt habe. Auch wenn ich damit dann quasi in der Geschichte drin war, als es schon wieder zu Ende war, so werde ich bis zur Veröffentlichung des zweiten Bandes fleißig rätseln, ob ich weiterlesen werde. Denn selbst wenn es am Ende lief, Band 2 ist nicht mal angekündigt, so bleibt unklar, wie viel mir dann noch im Kopf ist und damit wird es verdammt schwer werden und nochmal will ich so eine innerliche Barriere eigentlich nicht erleben. Kommen wir jetzt aber nochmal etwas genauer zu meinen Eindrücken. Anfänglich war mein größtes Problem, mich in diesem Konzept zwischen menschlicher Welt und Elfenheim zurechtzufinden. So wie alles in der übernatürlichen Welt wirkte, wollte mir nicht recht in den Kopf, dass Bristol in einer Welt wie meiner lebte, denn ich hatte immer das Gefühl, dass sie eher in einer anderen Zeit lebt. Deswegen gab es für mich einige Brüche. Umgekehrt fiel es mir aber auch schwer, mich in Elfenheim einzufinden. Gerade weil ich mich bei der menschlichen Welt immer so vertan habe, war ich völlig aufgeschmissen, wie ich mir dort alles vorstellen soll. Dazu hat dann nicht geholfen, dass es echt einige Figuren gibt und so prasselten Eindrücke über Eindrücke auf mich ein, ohne dass ich es richtig sortiert bekommen hat. Zudem wurde vieles mysteriös gehalten. Das hat die Handlung, obwohl sie faktisch schon lief, so statisch gemacht. Denn es bewegte sich was, aber in meiner Entwicklung mit der Geschichte tat sich nichts. Es war einfach Überforderung bei mir und das passiert mir bei Fantasy leider schon mal öfters, weswegen es einerseits für mich ein guter Maßstab ist, ob es was für mich ist oder nicht, aber andererseits ist natürlich Überforderung kein schönes Gefühl. Bristol war als Figur sicherlich stetig ein Anker. Sie ist eine starke Persönlichkeit und sie hat mir auch die gesamte Lektüre über gefallen. Tyghan wiederum ist als Gegenpart jemand, an den ich mich erst gewöhnen musste. Ich merke, dass mir die Bad Boy-Aura immer weniger zusagt und anfangs war er echt abweisend und arrogant. Aber wahrscheinlich hat es für mich auch vor allem wegen ihm Klick gemacht, weil sein Panzer irgendwann aufbricht und so hatte ich zwei Anker, auch zwei, die zusammenpassen. Zudem floss die Handlung dann irgendwann. Da ich aber einiges eher oberflächlich gelesen habe, mag mir auch einiges entgangen sein, aber insgesamt war es doch schon so, das Ende der stärkste Teil ist. Fazit: „The Courting of Bristol Keats” hat für mich die alte Mary E. Pearson-Magie nicht reaktivieren können. Auch wenn ich im letzten Drittel ihr Erzähltalent wiedererkannt habe, aber zweidrittel waren doch sehr anstrengend, zäh und für mich persönlich überfordernd. Erfahrene Fantasy-Leser werden sicherlich wesentlich mehr Spaß haben, garantiert, aber so werde ich für mich erstmal nicht klären können, ob ich die Reihe weiterverfolge.