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schnaeppchenjaegerin

Posted on 18.2.2025

Im August 1975 verschwindet ein 13-jähriges Mädchen während eines Sommerferienlagers spurlos in den Adirondack Mountains. Besonders brisant ist, dass Barbara die Tochter der wohlhabenden Familie Van Laar ist, die Eigentümer des Naturreservats sind und dass schon ihr Bruder seit 14 Jahren vermisst wird. Die junge Betreuerin Louise hätte auf Barbara aufpassen sollen, war jedoch in der Nacht ihres Verschwindens selbst mit anderen Dingen beschäftigt. Eine verzweifelte Suche nach der Ausreißerin, die schon früh gegen ihre Eltern rebelliert hat, beginnt und weckt unweigerlich Erinnerungen an den Sommer 1961. Während die Polizei ermittelt, drängt sich unweigerlich der Verdacht auf, dass die Familie Van Laar etwas zu verbergen hat und nie ein echtes Interesse daran hatte, das Verschwinden des achtjährigen Jungen aufzuklären. "Der Gott des Waldes " ist eine spannende Mischung aus Familientragödie und Kriminalroman, die aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt wird. Auf dieses Weise erhält man einen umfassenden Einblick in die Angestellten im Camp, die mächtige Familie Van Laar, Helfende, Polizisten und die Kinder im Camp. Der Fokus rückt dabei insbesondere auf die weiblichen Figuren. Alice, Barbaras Mutter, ist gefangen in einer unglücklichen Ehe und hat den Verlust ihres Sohnes nicht verkraftet. Die 12-jährige Tracy ist ein schüchternes Mädchen, dass sich mit Barbara angefreundet hatte und mehr über sie weiß, als sie preisgeben mag. Daneben ist es die unkonventionelle T.J., eine der Zuständigen im Camp, die gegen einen Aufenthalt der aufmüpfigen Barbara im Camp war. Die Betreuerin Louise hat ihre eigenen Geheimnisse, warum sie ihrer Pflicht nicht nachgekommen ist, auf Barbara zu achten und gerät als erstes in Verdacht. Für die Ermittlungen zuständig ist unter anderem die junge Investigator Judy Luptack, die von den Angehörigen als Polizistin nicht ernst genommen wird und auch innerhalb der Polizeistrukturen als Frau einen schweren Stand hat. Neben den Ereignissen im Sommer 1975 sind die Rückblenden in die Vergangenheit, angefangen von den 1950er-Jahren bis zum tragischen Sommer 1961, zentral. In der Rückschau erfährt man mehr über die Familienverhältnisse der Van Laars und die Suche nach Sohn Bear. Dabei ist spannend zu erfahren, ob und wie das Verschwinden von Bear mit dem Verschwinden seiner Schwester in einem Zusammenhang stehen könnte. Parallel dazu verleiht die Flucht des "Schlitzers" aus dem Gefängnis, einem Sexualstraftäter und brutalen Serienmörder, ein ungutes Gefühl. Durch einen Zeitstrahl und die Benennung der Person zu Beginn der kurzen Kapitel überfordert die sprunghafte Erzählung nicht, sondern sorgt gezielt für Cliffhanger. Die Naturbeschreibungen sind bildhaft und machen die Umgebung des Naturreservats und das Anwesen der angesehenen Van Laars so gut vorstellbar wie die einzelnen Personen, die trotz ihrer Vielzahl fein gezeichnet sind. "Der Gott des Waldes" ist neben einer spannenden und tragischen Kriminalgeschichte eine lebendige Zeitreise in die 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahre, in der die sozialen Ungleichheiten zwischen Arm und Reich sowie zwischen Mann und Frau deutlich zutage treten. Voller Empathie blickt die Autorin auf ihre Figuren und hält die Spannung durch zwei sich ähnelnde Vermisstenfälle und die Familie mit ihren verborgenen Geheimnissen in Vergangenheit und Gegenwart gleichbleibend hoch. Die Geschichte ist fesselnd und erschütternd zugleich, während sich immer mehr familiäre Abgründe auftun und sich die Puzzlestücke zur Klärung beider Vermisstenfälle vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Konventionen, patriarchaler Strukturen, Machtmissbrauch und Vorurteile, auftun.

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