
sursulapitschi
Zu Anfang hatte ich Schwierigkeiten, das Gehörte mit dem Klappentext in Zusammenhang zu bringen. Es geht sehr dramatisch zu. Eine Frau kämpft verzweifelt für ihr Kind, das krank ist und dessen Krankheit die Ärzte nicht wahrzunehmen scheinen. Karlie hat halt Ohrenschmerzen ist die allgemeine Meinung. Außer Eileens Mutter scheint keiner den Ernst der Lage zu erkennen. Eileens Mutter ist die Expertin für alle Lebensfragen in der Platte, in der Wanda und Karlie eine Wohnung im achtzehnten Stock bewohnen. Stets verfügbarer kostenloser Babysitter ist sie auch, aber ein ernsthaft krankes Kind erfordert andere Betreuung. Wanda hätte gerade die Chance, auf die sie lange gewartet hat. Sie könnte in einer Serie mitspielen, berühmt werden, echtes Geld verdienen, aber in der Welt des Films muss man funktionieren. Für die Probleme einer alleinerziehenden Mutter hat da niemand Verständnis. Damit wechselt das anfängliche Solzialdrama dann doch das Genre. Die Glamourwelt des Films wird hier mit jedem gängigen Klischee ausgestaltet, vom knallharten Manager und abgehobenen Produzenten, über ständige Champagnerparties bis hin zum umwerfend attraktiven Hauptdarsteller, den alle anhimmeln, der aber nur Augen für Wanda hat, bis… (ACHTUNG SPOILER!!!) …er erfährt, dass sie ein Kind hat, dann ist der Spaß vorbei. Im Grunde ist diese Geschichte ein Märchen, eine Cinderella-Story mit etwas Sozialkritik verbrämt. Das fällt anfangs nicht so auf, weil es wirklich toll erzählt wird. Der Stil ist sehr schön, plastisch, anspruchsvoll, mit Gefühl, Witz und sprechenden Bildern. Das Leben „in der Platte“ ist dabei ein bisschen angeschmutzte Märchenkulisse. Da treffen Menschen aller Länder zusammen, teilen Armut, Kinder, Klamotten und Teigtaschen und treffen sich auf dem Hinterhof. Fast fragt man sich, warum Wanda da unbedingt weg möchte. Im Grunde erzählt dieses Buch eine Liebesgeschichte in anspruchsvoller Verpackung, gehobene Unterhaltung mit einigem Drama und sozialkritischem Ansatz. Hinten raus entwickelt es sich allerdings reichlich märchenhaft. Man kann es wirklich gut lesen, sollte allerdings nicht zu viel Tiefgang erwarten. Nina Reithmeier liest das Hörbuch sehr schön. Man glaubt ihr die attraktive junge Frau problemlos. Bei Bedarf berlinert sie sogar recht authentisch. Es dauert 6 Stunden und eine Minute.