
daniliest
Es ist erst Januar und ich habe bereits ein erstes Highlight gelesen. Stina Westerkamps Thriller „Nachtflut“ hat mich ab der ersten Seite mitgerissen und ich war völlig in der Geschichte versunken. Elsa leidet an Panikattacken und ist stark medikamentensüchtig. Ihre Gedanken kreisen permanent um die nächste Dosis oder um den tragischen Unfalltod ihrer Schwester. Als eine Sturmflut angekündigt wird, wartet sie viel zu lange mit der Evakuierung, so dass sie letztendlich gemeinsam mit ihren undurchsichtigen Nachbarn auf Rettung wartet. Der vermeintliche Retter, ihr Ex-Mann Max ist auf dem Weg. Außerdem ist ihre Ex-Affäre Paul aus dem Gefängnis entflohen. Wer ist Freund und wer ist Feind? Eine Frage, die Elsa möglichst schnell beantworten muss, wenn sie überleben will. Die Geschichte konzentriert sich auf eine handvoll Charaktere. Tatsächlich waren mir die beiden Männer Max und Paul am sympathischsten und dass, obwohl Paul wegen Totschlag im Gefängnis sitzt. Bei seiner Flucht geht es teilweise nicht zimperlich zu, aber die meiste Zeit wirkte er viel zu rücksichtsvoll und freundlich, so dass ich mir nicht richtig vorstellen konnte, dass er ein Krimineller ist. Elisa hat mir leid getan. Sie hat ihre Eltern und ihre Schwester verloren. Ihre Ehe ist zerbrochen. Sie führt ein Leben hinter dicken Mauern und verbringt ihre Tage zugedröhnt. Obwohl ich ihr Schicksal ohne Frage schlimm fand, fand ich ihre Art und ihr Auftreten nervig. An ihrer Notlage war sie im Grunde selber Schuld, denn es war ja lange bekannt, dass der Deich mit hoher Wahrscheinlichkeit brechen wird. Deswegen hielt sich mein Mitleid in Grenzen, zumal sie von ihrem Ex erwartet, dass er ins Überflutungsgebiet kommt und sein Leben aufs Spiel setzt. Die Nachbarn fand ich sehr interessante Charaktere. Es war mir schnell klar, dass diese beiden nicht sind, was sie nach außen suggerieren. Sie geben eine Menge Anlass zu Spekulationen. Am Ende war ich etwas enttäuscht, dass die Handlung mit den Nachbarn letztendlich keinen Bezug zur restlichen Geschichte hatte. In meiner Vorstellung war die Verschwörung viel größer. Das ist aber mein einziger Mini-Kritikpunkt. Ansonsten fand ich „Nachtflut“ einfach mega fesselnd. Die Autorin beschreibt sehr anschaulich das steigende Wasser. Die Vorstellung, dass das eigene Haus mit eisigem Wasser und Schlamm überflutet werden könnte ist schrecklich und beängstigend. Durch den hohen Spannungsfaktor bin ich in einen richtigen Leserausch geraten. Erst auf den letzten Seiten hat man alles durchschaut und das Ende war in dieser Form so nicht vorhersehbar. Von mir gibt es eine große Leseempfehlung für alle, die Lust auf einen kurzweiligen Thriller haben.