
biancaneve66
Der Stolz Pommerns Sybilla Schwarz, als jüngste von drei Töchtern aus wohlhabendem Haus Billie genannt, ist klug, mutig, eigensinnig und leidenschaftlich. Sie will nicht brav darauf warten, verheiratet zu werden; sie kann lesen, liebt Bücher und beginnt eigene Gedichte zu schreiben. Undenkbar für eine junge Frau ihrer Zeit, denn der Roman spielt zu Zeit des Dreißigjährigen Kriegs. Doch die unangepasste Billie folgt ihrem Wunsch, berühmt zu werden. Ihre Verse behandeln unter anderem die verbotene Liebe zu ihrer Freundin Judith. Das Cover ziert das Porträt der Erato von Edward John Poynter und fällt durch diese beeindruckende Darstellung sofort ins Auge. Beeindruckend ist auch der Werdegang der jungen Dichterin selbst. Als Ich-Erzählerin führt sie das Publikum in 144 kurzen, aber sehr inhaltsreichen Kapiteln durch die Ereignisse ihres intensiven Lebens. Immer wieder sind auch Ausschnitte ihrer Gedichte eingestreut. Sybilla Schwarz ist sicher nicht die einzige Dichterin, deren Werke in den vergangenen Epochen leider – und oft absichtlich in Vergessenheit geraten sind. Dank eines guten Freundes konnten ihre Gedichte zumindest gesammelt in einem Buch veröffentlicht und dadurch bis in die Gegenwart gerettet werden. Dennoch bleibt die unkonventionelle junge Frau auch heute noch recht unbekannt. Stefan Cordes gebührt daher großer Dank, sich ihrem Leben und Werk gewidmet zu haben. Der Roman ist sehr gut recherchiert. Vieles entspringt zwar auch der Fantasie des Autors, passt aber hervorragend in den gesamten Kontext der damaligen Zeit. Die Geschehnisse und Charaktere im Haus der adligen Familie, in der Billie aufwächst, werden dadurch ebenso lebendig und greifbar wie einige berühmte Zeitgenossen, die Auswirkungen des Kriegs auf das Leben in der barocken Stadt und deren Umkreis, die damals übliche Hexenverbrennung oder andere wichtige Themen jener Zeit. Neben Billies dichterischem Talent hat der Roman einen weiteren wichtigen Fokus: er behandelt die Frage, warum Frauen vieles verboten ist, während Männer in gewissen Bereichen privilegiert werden – egal, ob sie über ausreichendes Können oder gar Talent verfügen oder nicht. Leider ist dieser Aspekt auch in unserer heutigen Zeit immer noch recht aktuell. Abgesehen von diesem wichtigen Thema bleibt dieses Buch vor allem aber auch eins: ein lesenswerter Roman mit großem Unterhaltungspotential, aus dem sie jede Person das herauspicken kann, was am meisten interessiert. Sei der Fokus nun auf Epik, Geschichte oder aber auch Romantik gelegt. Insgesamt ist hier eine Geschichte für jung und alt gelungen, die man gerne auch öfter lesen kann.