Profilbild von marcello

marcello

Posted on 28.1.2025

Auch wenn es eigentlich völlig logisch ist, so bin ich doch immer wieder erstaunt, wie alleine im deutschsprachigen Raum mir schon so viele Autoren in dem Sinne ergangen sind, dass ich sie zwar überall mit ihren Büchern sehe, aber es ist doch noch nie zusammengekommen. Anya Omah gehört definitiv auch dazu. Bei ihrem neuen Reihenauftritt, „Dark Cinderella“ war ich angesichts des Titels erst etwas skeptisch, was sich wohl hinter der Geschichte verbirgt, aber ich bin froh, dass ich den Sprung ins Wasser gewagt habe. Ich habe das Buch als Hörbuch konsumiert. Chantal Busse und Vincent Fallow waren für mich jeweils völlig neue Stimmen, sodass es in jedem Fall Gewöhnungssache war. Mit Busse als Sofia ging es etwas schneller, aber insgesamt muss ich sagen, dass ich mich an beide Stimmen bis zum Ende sehr gut gewöhnt hatte und beide haben durch die Stimmen Gestalt bei mir angenommen und ich hatte auch den Eindruck, dass die Ausstrahlung mit dem übereinstimmt, was ich charakterlich dem Inhalt entnommen habe. Aber es ist nicht nur aus technischer Sicht ein zu empfehlendes Buch, sondern auch inhaltlich. Wie gesagt war ich angesichts des Buchtitels erst etwas verwirrt, was mich wohl erwartet, die Neuinterpretation eines Märchens? Das würde ich mal verneinen, wenn auch der Königshof, wenn auch von einem erfundenen Land, immer märchenhafte Assoziationen haben wird. Aber mein Eindruck war schnell, dass wir eine sehr realistische Geschichte erhalten, die mich angesichts der Themenvielfalt sehr gut unterhalten hat. Wir haben auf der einen Seite den Blick in das Königshaus Skonien. Wir haben natürlich die Außenperspektive von Sofia darauf, aber für mich war es viel spannender, Maximilians Perspektive zu erleben, weil er das Leben lebt und bei seiner jüngeren Schwester sieht man auch deutlich die Bürde des Lebens. Dementsprechend hat es mir gut gefallen, mit ihm in seine Gefühlslage einzutauchen und dann auch das Verhältnis zu seiner Mutter zu ergründen, die am stolzesten und stoischsten die Monarchie verkörpert. Durch die Tatsache, dass Sofia eine Woman of Color ist, kam natürlich noch eine spezielle Perspektive rein, auf die ich gleich noch komme, aber auch so ist deutlich etwas an der Monarchie gerüttelt worden. Es war keinesfalls eine Abrechnung, weil sonst Omah vermutlich auch nicht dieses Setting gewählt hätte, aber auf jeden Fall eine Anregung Monarchie moderner zu denken. Sofia wiederum hat durch ihre Forschung zum Kolonialismus, die für sie ein sehr persönliches Thema ist, noch einmal einen anderen Aspekt eingebracht und mir hat es gefallen, wie es durch diesen Kontext auch sehr erwachsen wirkte und man dadurch auch bei Maximilian gemerkt hat, wie sehr er die Bürde seines Titels empfindet, aber dass er den Einfluss daraus auch nutzen möchte. Aber auch so musste ich wegen Sofias Hautfarbe auch ein wenig an Meghan und Harry denken. Es ist kein großes Thema gewesen, aber wer weiß, was da nicht noch kommt. Charakterlich und von den Inhalten her war für mich also wirklich alles sehr, sehr gut, aber was mir für diesen ersten Band gefehlt hat, das war etwas Tempo und vor allem mehr Gas hinter dem Mysterium, was Alva passiert ist. Denn mit der Frage, was ist ihrer Freundin passiert, fangen wir an. Das ist so das erste Häppchen nach der Überdosis was uns reizt, dazu mehr zu erfahren. An einer Stelle wird es auch selbstreflexiv angesprochen, dass Sofia ihre Pläne durch den Job am Hof etwas aus den Augen verliert, aber es erkennen und trotzdem Zeit vertrödeln, macht es nicht rückgängig. Ich denke, dass dieser Suspense-Anteil „Dark Cinderella“ alleine wegen des Titels extrem gut steht, dementsprechend hat mich dieser Punkt etwas enttäuscht, dass das immer mehr verloren gegangen ist, ehe dann für den Cliffhanger nochmal ordentlich etwas ausgepackt wurde. Das war nötig, wirkt aber dann fast schon etwas viel. Wäre die Atmosphäre zwischendurch mehr bedient worden, dann wäre es auch besser verteilt. Fazit: Damit wären wir dann auch schon beim finalen Gesamteindruck angekommen, denn „Dark Cinderella“ hat für mich viele Stärken entfaltet, aber eine Schwäche preisgegeben. Die Stärken überwiegen die Schwächen deutlich, aber im zweiten Band will ich dann wirklich die Spannung, denn dann haben wir genau die ideale Mischung.

zurück nach oben