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renee

Posted on 26.1.2025

Julia und Joe Julia und Joe. Ein Kennenlernen. Ein Flirren. Es könnte die große Liebe werden. Doch eben das wird es nicht. Julia schlittert da in eine große Falle, deren Ausmaß sie nicht erkennt, nicht erkennen kann, nicht erkennen will. Eine Falle, die ihr Joe stellt. Und in die sie tappt. Bewusst lotet Joe beim Kennenlernen seine Julia aus, erspürt sie, erspürt ihre Grenzen, ihre Wichtigkeiten, umgarnt sie und verzaubert sie bewusst. Danach testet er seine Grenzen aus, Zuckerbrot und Peitsche, isoliert sie, beeinflusst sie. Und seine Julia macht alles mit, lässt alles mit sich machen. Die Eskalation wird immer schwerer, schlimmer. Nun triggert dieses Buch ungemein. Diese Julia hat mich aufgeregt. Doch was regt mich da auf? Meine Situation und meine gefühlte Übermacht. Die fehlende Übereinstimmung zwischen Julia und mir. Doch liege ich da wirklich richtig? Solche Männer wie Joe sind ja äußerst geschickt und versiert in ihrem Tun. Klar könnte man sich die Lektüre vereinfachen, in dem man sagt, dass trifft nur die Anderen, niemals mich. Schön wärs ja und ich wünsche diese Erfahrung wirklich niemandem. Doch sicher, dass mir dies niemals passieren könnte, bin ich mir hier nicht. Denn solche Menschen wie Joe sind wirklich psychologisch geschult und handeln äußerst geschickt, sind geschickt in der Opferwahl und agieren noch geschickter in ihren Aktionen. Klar könnte man dies erkennen, wenn es einem gut geht. Aber was ist, wenn man psychisch in einem tiefen Tal sitzt, verletzt ist und die eigenen Wunden leckt? Was kann in so einer Situation mit dem Selbstbild passieren? Ich würde sagen sehr viel! Ebenso wie ich sage, dass man in so einer Situation anders tickt und vielleicht mehr zulässt. Auch wie dieses Gefühl der Liebe natürlich triggern kann. Dies sollte man hier nicht vergessen. Denn diese Macht des unbedingten Gefallen Wollens ist hier sicher für diese vielen toxischen Beziehungen ursächlich. Von daher ist dieses Buch hier sehr wichtig, wichtig für den Lesenden und wichtig für das Umfeld der Lesenden. Denn Beschäftigung mit solchen Thematiken kann vielleicht irgendwann einmal sehr hilfreich sein. Noch dazu, wenn es so gut erzählt wird, wie dies Barbara Rieger nun mal kann. Ich wollte dieses Buch erst niedriger bewerten, aber nach und nach ist mir klar geworden, dass hier meine Abneigung Julia gegenüber aus mir spricht. Warum empfinde ich so? Ist dies die Erziehung? Ist dies das Patriarchat und seine Lügen, die ich vielleicht verinnerlicht habe, auch wenn ich mich als resilient dem Patriarchat gegenüber betrachte. Eigentlich. Hat dies mit unserem/meinem Frauenbild zu tun? Bin ich sauer, weil Julia schwach ist und nicht erkennt, wohin sie sich bewegt? Als ich aber die eigene Empfindung für Julia zu hinterfragen begann, veränderte sich meine Wahrnehmung. Denn diese Julia hier, dass sind wir alle. Jeder kann mal in einer Lebenssituation sein, die denjenigen angreifbar macht, auch wenn wir dies gern weit wegschieben wollen. Wenn man diesen Punkt einmal verinnerlicht hat, liest sich das Buch anders und Julia gewinnt mehr mein Mitleid, meine Empathie. Denn die große Zahl der misogynen Taten, das Verhalten den Opfern gegenüber sind erschreckend. Barbara Rieger hat mit ihrem Roman „Eskalationsstufen“ einen tiefen und erschreckenden Blick auf eine toxische Beziehung geworfen, bezieht die Lesenden mit der Lektüre in die Betrachtungen dazu ein. Was jeder für sich daraus macht, bleibt abzuwarten. Lesen! Dennoch sollte jeder dieses Lesen für sich abwägen. Denn dieses Buch über eine toxische Beziehung kann natürlich auch immens triggern.

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