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Buchdoktor

Posted on 25.1.2025

Kace hört Stimmen, die sie zwingen, die Vorgeschichte eines Murals in Los Angeles zu erzählen, an dem das Schicksal der während der Corona-Pandemie auf Bewährung entlassenen Florence/Florida und Dios/Diana – und ihrer Opfer – endete. Dios war Floridas Zellengenossin in Arizona, die ihr begreiflich machen wollte, dass eine weiße Tochter reicher Eltern im Knast nichts zu suchen und vor allem keinen Anspruch auf Mitleid hätte. Florida hatte in einem schwachen Moment, bevor sie die Knastregeln lernte, ihrer Mitinsassin Tina von der Straftat erzählt, die sie ins Gefängnis brachte. Als sie und Dios mitten im Lockdown auf Bewährung freigelassen werden, bedeutet das Quarantäne in einem Motelzimmer im Nirgendwo, ein Lieferservice für Mahlzeiten, der nicht liefert, eine Bankkarte mit 40$ Guthaben und das Verbot, Arizona zu verlassen. Für Florida bedeutet es jedoch, dass ihr mit Dios das Wissen über ihre Tat folgt. Floridas altes Leben in der Paar-Millionen-Villa ihrer Mutter mit Garage für 6 PKWs befindet sich in Los Angeles. Die beiden Frauen nehmen einen illegalen Bus in Richtung Westen, in dem dummerweise Oscar unterwegs ist, das „Greenhorn“ von Schließer, das sie sofort als Uniformträger erkennen und von dem sie erkannt werden. Schließer bringen die schlechtesten Seiten in anderen Menschen zum Vorschein, haben beide im Knast gelernt. Als der Mann am Zielort erstochen aufgefunden wird, kreuzen sich die Wege der Ex-Gefangenen mit denen der Ermittlerin Lobos. Sie bringt ihre Vorgeschichte als Gewaltopfer mit und beginnt darüber zu grübeln, was den Ausbruch roher Gewalt bei ihr selbst befeuert und wann sie die Opferrolle übernahm gegenüber ihrem gewalttätigen Mann. Nach einer abenteuerlichen Jagd durch ein dystopisches Los Angeles, aus dem heraus Zeltstädte Obdachloser wuchern, endet der Ausbruch aus der Quarantäne an dem Ort, an dem Florence schon als Jugendliche zu Florida geworden sein muss. Aus ihrer Ichperspektive als Rahmen folgen wir Kace als Sprachrohr der Verbrechensopfer, sowie dem Focus auf Florence, Dios und Kriminalpolizistin Lobos. Der Abschnitt im Gefängnis bis circa zur Hälfte des Thrillers wirkte auf mich zunächst wie ein völlig „neuer“ Pochoda, mit dem späten Auftreten von Lobos als Ermittlerin kehrt Ivy Pochoda jedoch wieder zur gewohnt spannenden Milieustudie zurück, einem Genremix aus Thriller, feministischem Lehrstück und Großstadtroman, der durch extreme, bluttriefende Gewalttaten getoppt wird. Ein sozialkritischer Thriller, der zeigt, wie Frauen zum Freiwild werden.

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