mabuerele
„...Sie selbst war mit knapp fünfzehn Jahren in dieses Metier geraten und wusste, dass es eigentlich zu früh war für ein so junges Mädchen, ihren Leib täglich gegen bare Münze feilzubieten...“ Wir schreiben das Jahr 1423. Elsbeth ist die Leiterin eines Hurenhauses. Obige Gedanken kommen ihr, als eine vielleicht nur Dreizehnjährige vorspricht. Die Autorin hat einen fesselnden historischen Roman geschrieben. Der Schriftstil ist fein ausgearbeitet und verwendet auch Begriffe der Zeit. Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen erzählt. Der eine spielt 1423, der andere beginnt 1396. Im Mittelpunkt steht Elsbeth. Ihre Mutter war, wie wir heute sagen würden, eine Edelhure. Doch nach ihrem Tod verliert Elsbeth ihr Heim und kommt in einem Hurenhaus unter. Später wird sie das Geschäft übernehmen und dabei eine Menge an Verbesserungen für ihre Frauen einführen. Sie legt nicht nur Wert auf deren Sauberkeit, sondern auch auf die der Freier. Das hat seinen Preis. „...Als Kunde wäre er hier nicht reingekommen. Arme Schlucker machen nur Schulden, die sie nicht zurückzuzahlen in der Lage sind...“ Elsbeth fällt insbesondere durch ihre Empathie auf. Sie guckt sich die Frauen genau an, die bei ihr arbeiten wollen. Wenn sie nicht für das Hautgeschäft geschaffen sind, findet sie andere Möglichkeiten für sie. Als ihr Halbbruder Nicolai ermordet wird, streckt Elsbeth ihre Fühler aus, um den Mörder zu finden. Nicolai hatte einst Elsbeth geholfen, als einer ihrer Freier unverhofft verstarb. Seitdem hat ihn Elsbeth mit Informationen versorgt. Dazu hat sie sich ein umfangreiches Netzwerk aufgebaut. Ihr entgeht kaum etwas in Köln. Sehr anschaulich wird das Leben im Hurenhaus beschrieben. Das betrifft vor allem die Zeit, wo Elsbeth noch unter der Knute von Berta arbeiten musste. Der ging es damals in erster Linie um Geld, nicht um das Wohl der Frauen. Spannend fand ich außerdem, wie und wo Elsbeth zu ihren Informationen kommt. Der Austausch mit den Boten ist manchmal auch stilistisch vom Feinsten. Etwas Besonderes ist das Verhältnis zum Scharfrichter Johannes. Der charakterisiert Elsbeth nach ihren ersten Begegnungen wie folgt: „...Du warst kratzbürstig wie ein Dutzend Wildkatzen, die man in einen Sack steckt...“ Es dauert seine Zeit, bis alle Todesfälle aufgeklärt sind und wieder Ruhe in Köln einzieht. Dafür ist Elsbeth manch ungewöhnlichen Weg gegangen. Ihr hilft dabei unter anderem ihre Menschenkenntnis. Eine historische Karte und das Personenverzeichnis befinden sich zu Beginn des Buches. Ein inhaltsreiches Nachwort vertieft einige der Inhalte. Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Ich erhalte Einblick in ein Milieu, das sonst selten im Mittelpunkt steht. Außerdem lerne ich mit Elsbeth eine starke und selbstbewusste Frau kennen.