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Der Sommer in Madrid ist heiß und rot: Von den Flaggen bis zu den Trikots, überall bekennt man Farbe für La Furia Roja, die spanische Nationalmannschaft, die im Viertelfinale der Weltmeisterschaft steht – alle sind im Fußballrausch. Auch Comisaria María Ruiz lässt sich von der Stimmung mitreißen. Doch ausgerechnet am Tag eines wichtigen Spiels wird sie zu einem Tatort gerufen. Im künstlichen Karpfenteich des Skulpturen-Parks Juan Carlos I wird ein junger Mann aufgefunden, der am Boden angekettet war. «Unsere Heilige Mutter Kirche hat ihren eigenen Rhythmus, der der Rhythmus des Herrn ist, und sie hat ihre eigene Gerechtigkeit, die die Gerechtigkeit Gottes ist.» Kurz danach wird am Strand von Santander ein weiterer toter junger Mann gefunden. Kaum haben die Ermittlungen begonnen, wird eine zweite Leiche gefunden. Rätselhafte Tattoos der Toten führen das Team zu einer katholischen Schule, in der beide Tote Schüler waren. Hinter den Türen wittert María Ruiz düstere Geheimnisse. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt, denn möglicherweise versucht hier jemand aufzuräumen. Der Journalist Carlos Fuentes ist der Sache ebenfalls auf der Spur. Er und Maria haben über die Jahre ein vertrauensvolles Verhältnis aufgebaut und tauschen Informationen miteinander aus. Ein harter Noir-Krimi; der Lesende geht mit den Ermittlern an die Grenzen der Psyche – wobei der Lesende die Fotos lediglich per Kopfkino ertragen muss. Darüber spricht man nicht in Spanien. Missbrauch gibt es in genügenden Fällen, doch nur wenige Schriftsteller:innen trauen sich, die katholische Kirche bloßzustellen. Besonders übel wurde mir bei der Entscheidung des Klerus, die Missbrauchsfälle nicht als juristische Straftat nach dem Gesetzbuch zu behandeln. Es wurde als persönliche Fehlhandlung, als Sünde angesehen, von der man sich bei der Beichte reinwaschen konnte. Der Krimi ist von 2012. Erst 2023 hat der Ombudsmann Ángel Gabilondo den Missbrauch-Bericht der Katholischen Kirche der Öffentlichkeit vorgelegt. Mehr als 200 000 Minderjährige könnten demnach in der Katholischen Kirche Spaniens zwischen 1970 und heute Opfer von sexuellem Missbrauch geworden sein. Das Parlament hat der Katholischen Kirche einen unzureichenden Umgang mit Missbrauchsfällen vorgeworfen. Der Kriminalroman ist mehrperspektiv geschrieben, was die Spannung nach oben treibt, dabei die Figuren ein wenig vernachlässigt. Insgesamt ein atmosphärischer, spanischer Krimi mit hohem Spannungsfaktor. Als Journalistin bei El País hat Berna González Harbour bereits über Missbrauchsfälle an katholischen Schulen in Spanien berichtet, konnte so auf Hintergrundmaterial zurückgreifen. «Roter Sommer» wurde in Spanien erfolgreich verfilmt unter dem Filmtitel «Blutroter Sommer». Berna González Harbour, geboren 1965 in Santander, startete ihre Karriere als Journalistin bei der spanischen Zeitung El País, wo sie verschiedene Ressorts leitete. Zudem ist sie regelmäßiger Gast bei Sendungen des spanischen Senders Cadena Ser und ist in Spanien eine bekannte Literaturkritikerin. Ihre Liebe für Krimis ließ sie 2012 ihr erstes eigenes Werk schreiben, 2020 gewann sie für den spanischen Krimipreis Premio Hammett mit dem 4. Teil der Reihe: «Goyas Rache».