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Posted on 12.1.2025

Japanische Mythologie für junge Leser Mit der Veröffentlichung von „Der Fuchs und der kleine Tanuki“ beweist der Carlsen Verlag einmal mehr seinen Mut, indem er einem jungen Publikum eine Erzählung mit Elementen der japanischen Mythologie präsentiert – ein mutiger Schritt, da Heranwachsende hierzulande mit dieser fremden Welt nur selten in Berührung kommen. Doch gerade dieser Ansatz macht Mi Tagawas Manga zu einem spannenden Exemplar im Kindercomic-Genre, das seine Leser nicht nur unterhält, sondern ihnen zugleich einen Zugang zu einem faszinierenden kulturellen Kontext eröffnet. Die Handlung um den schwarzen Fuchs Senzou und den kleinen Tanuki Manpachi zeigt sich in ihrer Konstruktion durchaus raffiniert. Senzou, einst ein mächtiges, aber zerstörerisches Wesen, wurde von der Sonnengöttin für 300 Jahre weggesperrt, um seine destruktiven Kräfte zu bändigen. Doch die gleiche Göttin erweckt ihn schließlich wieder – nicht, um ihn zu belohnen, sondern um ihn mit der Betreuung des unerfahrenen Tanuki Manpachi zu beauftragen. Dieses ungleiche Duo bildet den Kern der Erzählung, deren Dynamik zwischen anfänglicher Gegnerschaft und zaghaften Annäherungen gekonnt ausbalanciert wird. Manpachi, der von seinen Eltern verstoßen wurde, weil er seine Kräfte nicht kontrollieren kann, bietet mit seinen tollpatschigen, aber liebenswerten Versuchen, die Welt und seine eigenen Kräfte zu begreifen, eine starke Identifikationsfigur für junge Leser. Seine ungewollten Missgeschicke, wie das skurrile Verwandeln von Senzou in einen Fuchs mit Froschschenkeln, lockern die Geschichte durch humorvolle Episoden auf. Doch zugleich schwebt über Manpachis Zukunft die düstere Frage, wie seine enorme Macht, die andere Waldbewohner bereits erahnen, letztlich eingesetzt werden könnten. Ein weiterer Pluspunkt des Mangas ist der gelungene Umgang mit der japanischen Mythologie. Mi Tagawa integriert diese nicht nur organisch in die Handlung, sondern erleichtert den Einstieg für unkundige Leser durch erklärende Infokästen und Fußnoten, die wichtige Figuren und Konzepte der Mythologie verständlich machen. Dieser didaktische Ansatz sorgt dafür, dass Kinder wie Erwachsene in die Geschichte eintauchen können, ohne sich überfordert zu fühlen. Zugleich bleibt die überschaubare Anzahl an Figuren angenehm, sodass der Überblick jederzeit gewahrt bleibt. Visuell ist der Manga solide, wenn auch nicht außergewöhnlich. Während die kantigen Darstellungen der Füchse und Wölfe fast westlich wirken – etwa im Stil klassischer Disney-Filme – bleiben die Zeichnungen von Menschen und Göttern eindeutig im japanischen Manga-Stil verwurzelt. Der Kontrasteinsatz variiert, was einigen Szenen Dramatik verleiht, andere jedoch flach wirken lässt. Besonders enttäuschend ist die skizzenhafte Gestaltung der Hintergründe. Der Wald als zentraler Schauplatz wirkt oft atmosphärisch blass, wodurch viel Potenzial für Stimmung und Tiefe ungenutzt bleibt. Trotz dieser Schwächen überzeugt „Der Fuchs und der kleine Tanuki“ als Einstieg in eine ungewöhnliche, mythologisch geprägte Erzählung. Allerdings eignet sich der Manga weniger für Leser, die erstmalig in die Welt des japanischen Comics eintauchen, sondern vielmehr für jene, die bereits ein wenig Leseerfahrung mit Mangas gesammelt haben. Die charmante Beziehung zwischen Senzou und Manpachi, die sich im Verlauf der Geschichte entfaltet, macht neugierig auf die weiteren Bände und darauf, wie die Figuren ihre Unterschiede überwinden, um gemeinsam zu wachsen.

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