Profilbild von renee

renee

Posted on 5.1.2025

Bissige Kolumnen Hengameh Yaghoobifarah versammelt in diesem Buch Kolumnen, die in der taz und auch im Missy Magazine von 2016 bis 2022 erschienen sind. Und diese Kolumnen sind recht bissig gelungen. Habibi und Habitus. Ein Liebling und das Erscheinungsbild also. Eine Mischung desgleichen. Nun zum Liebling macht sich Yaghoobifarah mit diesen Kolumnen sicher nicht. Aber genau dies ist sicher auch eine Intention und sicher gewünscht. Denn Yaghoobifarah blickt sehr zynisch und sarkastisch auf unser Land, auf unser Sein und nimmt uns damit einerseits in die Pflicht der Reflexion. Andererseits will Yaghoobifarah auch treffen. Und das gelingt mühelos. Denn unser patriarchales System und unsere Gesellschaft, die oft mühelos und damit sehr befremdlich rechtsextremes Gedankengut in ihrem Denken, in ihrem Sein transportiert und damit wenig Aufschreie auslöst, wirkt sicher für Außenstehende und Zureisende gespenstisch und bedrohlich. Denn dieses 30er/40er Gespenst ist immer noch da, zeigt sich gerade jetzt wieder in seiner ganzen Macht. Ebenso wie unser patriarchales System weiterhin die Macht einseitig verteilt lässt und sich die Macht nicht aus den Händen reißen lassen will und damit neues Denken ständig durch alte Strukturen blockiert wird. Was denken da Neuankömmlinge? In den Kolumnen kann man einen Teil dieses Denkens erahnen, erlesen. Wie gesagt einen Teil. Denn hier spielt auch wieder der Begriff Habitus eine Rolle. Denn jede Betrachtung einer Person entspringt ihrer jeweiligen Sozialisation, ihrer Stellung in der Gesellschaft. Und somit ist Hengamehs Blick nicht nur ein Blick aus einer anderen Welt, sondern auch ein Blick aus der LGBTQIA+ Perspektive. Was interessant ist. Denn auch da gebärdet sich unser patriarchales System ja recht bedenklich. Obwohl es Verbesserungen gibt, möchte die alte konservative Welt diese Verbesserungen am liebsten einstampfen. Unser Onkel Friederich und seine Kumpanen werden dies auch schaffen, so meine Meinung, denn diese konservativen Strukturen ziehen sich durchs ganze Land und bekommen demnächst sicher wieder mehr Macht, durch ihre allseitig existente Polemik, die leider für viele nicht durchschaubar ist und der sie leider vermehrt aufsitzen. Leider! Von daher ist Hengamehs Buch, die Kolumnen darin, sehr wichtig und braucht Aufmerksamkeit. Denn die allerorten grassierende Dummheit kann man nur mit Informationen und Wissen, dem Sichtbarmachen bekämpfen, wenn dies denn gesehen wird. Nun hat dieses Buch aber auch einige Stachel, die sich beim Lesen in das Fleisch des Lesenden bohren, sicher gewollt in seiner ungestümen Boshaftigkeit. Ich sage nur Sauberkeit nach dem Rückkehren von gewissen Örtlichkeiten. Dennoch fließt hier auch ein gewisser Humor mit rein. Was für manche unserer Zeitgenossen sicher schwer zu erkennen ist, denn der Humor ist bei uns rar gesät. Aber auch Hengameh verrät, dass einige der Kolumnen heute sicher anders ausfallen würden. Ja, die Kraft der Reflexion halt. Was in den jungen Jahren und den damit verbundenen hehren Zielen in einer gewissen Schwarz-Weiß-Denke ausfällt, wird mit den Jahren grauer. Ich weiß! Doch die Betrachtungen in den Kolumnen der Jahre 2016 bis 2022 haben nicht an Bedeutsamkeit verloren, denn unsere patriarchale Welt existiert weiter, unsere Betrachtung der Menschen und ihre jeweilige Benotung in ihrer Wichtigkeit fürs System sind weiterhin existent, unser Sexismus und die damit einhergehende Bewertung der Geschlechter ist weiterhin existent, unsere Betrachtungen dem Andersartigen gegenüber haben sich oft von damaligen Gedanken nur wenig entfernt. Es liegt noch viel Arbeit vor uns unsere Welt bunt und tolerant zu gestalten und Hengamehs Texte sind ein wichtiger Faktor in dieser Arbeit. Lesen!

zurück nach oben