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anni_anushka

Posted on 27.12.2024

Das Leben eines Teeniestars in Hollywoods Haifischbecken Mit 13 Jahren wird Grace Turner zum Teeniestar. Am Vorabend der Golden Globes floh sie aus Hollywood. Es hätte ihr großer Abend werden und ihr Topangebote sichern können. Nun ist sie nach einem Jahr zurück und die Klatschzeitungen überschlagen sich. Grace versucht, wieder Fuß zu fassen, doch jeder kleinste Fehltritt, jedes ungepflegte Auftreten findet sich sofort auf den Titelblättern. Doch für Grace gibt es eigentlich nur ein Thema: Able Yorke. Der Mann, dem sie nun einen Preis übergeben und die Laudatio halten soll. Der Mann, der sie von ihrer Familie isoliert und ihr Leben kontrolliert hat, ohne den sie in Hollywood nie einen Fuß auf den Boden bekommen hat. Und der sie völlig zerstört hat. Schnörkel- und schonungslos erzählt Ella Berman von den Machtstrukturen in Hollywood und den Auswirkungen auf junge Frauen. Zeitweise fand ich die Atmosphäre mehr als bedrückend und Graces unüberlegte Handlungen wenig nachvollziehbar. Hier war es hilfreich, einen Schritt zurück zu machen und nicht zu theoretisieren, dass man selbst in einer solchen Situation ganz anders handeln würde, denn Grace ist Opfer von (psychischem) Missbrauch schon von Jugend an. Mit 13 Jahren ist sie allein in der Weltmetropole L.A. einem 40jährigen Mann ausgeliefert, der ihre Karriere befeuern oder beenden kann, während ihre Familie in England weit weg ist. Vieles wird nicht explizit dargestellt, sondern erfordert eine längere Auseinandersetzung mit dem Buch. So wird Graces Verhalten bei längerem Nachdenken deutlich nachvollziehbarer, wenn man das Verhalten ihres Umfelds kennenlernt: eine Mutter, die selbst Model war, aber ihre Tochter nicht vor dem Business warnt; ein Ehemann, der lieber nicht hinhört und eine Freundin, die sie vor allem mit Drogen und Alkohol versorgt. Grace wird gegaslighted und ihre Probleme als "Hysterie" wahrgenommen. Freunde hat sie in diesem Umfeld kaum. Im Nachwort erklärt die Autorin, dass während ihrer Arbeit am Buch die Enthüllungen zu #metoo öffentlich wurden. Sie hat sich dennoch entschieden, Graces Geschichte vor diesen Zeitpunkt zu legen. So wird eindringlich deutlich, wie allein Grace mit der Situation und ihren Zweifeln ist. Niemand hilft ihr, ihre Erfahrungen einzuordnen. So ergibt ihr Verhalten auch für sie selbst erst spät Sinn. Parallelen zu Brittney Spears sind kaum zu übersehen. Und nicht zuletzt zeigen die aktuellsten Medienberichte zur Schmierkampagne über Blake Lively, was passiert, wenn Frauen männliches Fehlverhalten ansprangern. Ein fiktiver Roman lebt natürlich von einer Handlung, die - oft linear - voranschreitet. Bei "Das Comeback" hat man manchmal das Gefühl, sich eher im Kreis zu drehen. Und dennoch hat mich der Roman am Ende zutiefst berührt. Es wird deutlich, dass Grace kaum anders handeln kann. Dass sie zutiefst zerstört ist. Dass sie traumatisiert ist. Und wie sehr sich ihr Umfeld dadurch belastet fühlt, ohne nach den Gründen suchen zu wollen.

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