mabuerele
„...Darum ist uns die Geburt auch passiert. Wir waren nur dabei. Geleistet haben andere. Und so sind wir ganz ohne gefragt zu werden auf die Welt gekommen und haben erst einmal alles zum Schreien gefunden. Schon unser Geburt ist der Beginn einer unaufhörlichen Abschiedstour, die man Lebenslauf nennt...“ Diese Zeilen stammen aus der Einführung in das Buch. Sie zeigen zwei Dinge. Der Autor, der von Beruf Pfarrer ist, verfügt über einen feinen Humor und er will mit uns als Leser das Thema Abschied behandeln. Das geschieht in 63 kurzen Kapiteln. Kurz meint, das es pro Thema in der Regel etwa 2 Seiten sind. Die Inhalte sind sehr vielfältig. Erstaunlich, wovon man im Leben so alles Abschied nehmen kann oder muss. Da gibt es Dinge, die jeden gegenwärtig sind. Abschied von Klassenkameraden oder der Schule gehört dazu .Dann sind es ideelle Werte, die man hinter sich lassen sollte. Hier möchte ich Selbstüberschätzung und Gleichgültigkeit nennen. Nicht zuletzt sollte man auch Abschied nehmen von falschen Gottesbildern. Die Texte sind leicht und locker geschrieben und gehen doch in die Tiefe. Jeder Text wird mit einer Bibelstelle in Zusammenhang gebracht. Eine Aufstellung dazu gibt es am Ende des Buches. Außerdem blickt der Autor auf persönliche Erfahrungen zurück. Nehmen wir als erstes Beispiel den Abschied von der Gewalt. Hier bezieht sich der Autor auf die Szene, als Petrus bei der Inhaftierung von Jesus das Schwert zog. Er kommentiert das so: „...Da hat Jesus eigentlich ein für alle Male klar gemacht, dass Gewalt um Gottes Willen keine Lösung ist, sondern das Problem. Dass Schwerter besser zu Pflugscharen umgeschmiedet werden sollte. Aber dieser Abschied wurde nie vollzogen. Nie hat die Welt aufgehört, das Schwer zu ziehen..“ Der Autor kann auch kritische Töne anschlagen. Er sieht die Entwicklung realistisch und stellt fest, was irgendwann völlig falsch gelaufen ist .Der Abschnitt über den Abschied vom harmlosen Gott beginnt so: „...Früher hat die Kirche Angst und Schrecken verbreitet. Das war Teil ihres Kerngeschäfts. Mit klerikalem Eifer und entsprechenden Hochmut hat man den Menschen ordentlich die Hölle heiß gemacht...“ Dass wir heute vom liebenden Gott sprechen, ändert nichts daran, dass man dem Schöpfer trotzdem mit Ehrfurcht gegenübertreten sollt. Jedes Kapitel endet mit ein bis drei Fragen, die der Autor in der Ich-Form formuliert hat. Sie können sich auf den Glauben, aber auch auf Lebensumstände beziehen. Beim der Betrachtung zum Abschied von der ewigen Jugend wird sich manch Leser wiederfinden. Die Frage dazu lautet: „...Wann fange ich wohl endlich an, mein Alter nicht länger als Verlust, sondern als Zugewinn zu begreifen?...“ Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt, dass Abschiede zum Leben gehören und oft den Weg frei machen, zu etwas Neuen. Es regt an, über die eigenen Befindlichkeiten nachzudenken.