schnaeppchenjaegerin
Mit 28 Jahren erhält Patsy das lang ersehnte Visum für Amerika und beschließt ihre Heimat Jamaika zu verlassen. Sie träumt von einem besseren Leben und davon, ihre Freundin Cicely wieder zu sehen, die die Sehnsucht nach Freiheit und Wohlstand durch Briefe in ihr geweckt hatte. Ihre fünfjährige Tochter Tru lässt sie zurück und drängt sie ihrem Vater statt ihrer bigotten Mutter auf. In Brooklyn angekommen, muss sie feststellen, dass der Neuanfang als Einwanderin ohne Papiere nicht so einfach ist, wie gedacht und dass auch ihre Freundin nicht so unabhängig und schon gar nicht frei für sie ist. Patsy muss sich mit Mindestlohnjobs über Wasser halten und bricht den Kontakt nach Jamaika ab, um sich nicht die Blöße zu geben, gescheitert zu sein. In der Zwischenzeit wächst Tru heran, vermisst ihre Mutter und kann keine emotionale Bindung zu ihrer Ersatzfamilie aufbauen. Der Roman zeigt eindrücklich und authentisch, wie Träume platzen können und schwierig der Neuanfang in einem fremden Land sein kann, das man mit falschen Erwartungen betreten hat. Auch wird bildhaft aufgezeigt, wie schmerzhaft und zerstörerisch leere Versprechungen sein können. Einerseits ist Patsys Wunsch nach Freiheit, Unabhängigkeit und Glück nachvollziehbar, andererseits verurteilt man sie dafür, dass sie ihre kleine Tochter zurücklässt und zu feige ist, einen Kontakt aufrechtzuerhalten. Tru fühlt sich durch den Verlust der Mutter ungeliebt. Sie ist einsam und hadert mit ihrer Rolle im Haushalt ihres Vaters und als heranwachsendes Mädchen. Beide Einsichten sind deprimierend. Die Perspektivlosigkeit Patsys macht zu schaffen, wie auch Trus Suche nach Antworten, der Kampf mit sich und der gegen ihren Körper. Während sich Patsy allmählich von der Toilettenfrau zur Nanny für die privilegierten Weißen hocharbeitet, rebelliert Tru gegen ihre Stiefmutter, entwickelt sich in der Schule zu einer Außenseiterin, kann sich aber durch ihr sportliches Talent hervortun. Die Geschichte wird ausschweifend erzählt und ist nicht so emotional, wie erwartet. Die Schuldgefühle und die Rolle als Mutter werden weitgehend verdrängt. Vordergründig ist das Thema um die sexuelle Orientierung und die Sehnsucht, nicht mehr unsichtbar zu sein. Die Probleme in Jamaika wie Kriminalität, Korruption, Armut und Krankheit werden nur oberflächlich tangiert. Der Roman erstreckt sich über zehn Jahre und wechselt dabei zwischen dem lauten und anonymen New York und dem kleinstädtischen Leben in Pennyfield auf Jamaika. Armut, Einsamkeit, Diskriminierung und sexuelle Identität sind die bestimmenden Themen, die lange Zeit keinen Aussicht auf Besserung bieten. Erst als sich Patsy ihren belastenden Erinnerungen stellt, keimt ein Fünkchen Hoffnung auf und auch Tru erhält die Chance, das Mädchen zu sein, das sie sein möchte. Das Ende ist versöhnlich, wirkt mit der Dramatik im Vergleich zu der übrigen eher zähen Handlung jedoch sehr gehetzt.