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Ein bemerkenswertes , vielschichtiges Werk im Universitätsmilieu. Die Professorin der Philosophie Miriam Behrmann, Leiterin des Instituts THACT an der Universität Wien, rekapituliert als Ich-Erzählerin den gesamten Vorgang ihrer erwarteten Suspendierung aufgrund von Anschuldigungen ihrer Promotionsstudentin Selina Aksoy, aus einfachen, türkischen Verhältnissen stammend. Während Miriam ebenso wie Selina emigrierte und nur durch eigenen Leistungsanspruch ihr diese Karriere gelingt, wird diese Erwartungshaltung von Selina als psychischer Missbrauch ihrer Mentorin empfunden. In der nächsten Generation wird quasi diese Wahrheit durch kaum greifbare Anschuldigungen torpediert, nur weil nun die Work-Life-Balance und andere Interessen Vorrang haben. Die Zusammenarbeit im Institut beleuchtet Situationen, passend zu Selinas Vorwürfen, greift aber auch zurück auf Erinnerungen der Ich-Erzählerin über ihre Familie in Polen, ihr Leben in Princeton und mit ihrer kleinen Familie. Der Schreibstil zeigt philosophisch tiefe Gedankengänge, auch im universitären Gefecht der Geschlechter. Darüber hinaus bieten die Einblicke in Miriams Privatleben liebevoll beschriebene Szenen als Ausgleich für ihre harte Existenzbedrohung. Schließlich regt das Romanende sehr zum Nachdenken an, denn unausgesprochen bleibt das zu erwartende Urteil. Ein Lesevergnügen!