marcello
Kerstin Gier und ihre „Vergissmeinnicht“-Trilogie war für mich ganz eindeutig eine Reise, von eher unten nach oben. Wirkte im ersten Band noch alles sehr ziellos und zu gigantisch in der Dimension, hat sich das im zweiten Band schon ganz anders entwickelt. Der dritte wurde nun tatsächlich als Finale angekündigt. Im zweiten Teil hatte ich stellenweise noch das Gefühl, Gier könnte sich da ewig austoben, weswegen mich die Botschaft doch erleichtert hat, denn alles Schöne muss mal enden. Neu war für mich, den dritten Band nun als Hörbuch zu erleben. Jasna Fritzi Bauer und Timmo Niesner lesen in der Hauptsache als Matilda und Quinn. Sind nun beides keine Jugendliche, aber sie haben beide sehr junge Stimmen, weswegen die Besetzung sinnig ist. Bei Niesner war es tatsächlich etwas seltsam, weil hier zusammengekommen ist, dass ich „The Day of the Jackal“ als Sky-Co-Produktion mit Eddie Redmayne gerade schaue, so dass ich eine Stimme in völlig unterschiedlichen Kontexten erlebt habe. Das war dann schon mal irritierend, aber unterm Strich habe ich Niesner irgendwann gut als Stimme von Quinn verordnen können. Zudem ist das Lob auch dahingehend, dass der humoristische Stil von Gier durch beide Erzähler sehr gut rübergekommen ist. Es wirkte nicht lächerlich, sondern genauso lustig-authentisch, wie es sein soll. Kommen wir aber nun zum eigentlichen Inhalt und der gewählten Stilistik von Gier. Es war sehr gut zu merken, dass es das große Finale ist. Denn es war durchgängig Zug drin. Nach einer wiederholt genialen Zusammenfassung durch unseren Lieblingsdämon zu Beginn des Buchs wird mit der Entführung von Lieblingscousinchen gleich eine Hausnummer gesetzt. Auch im weiteren Verlauf habe ich durch die Prozentzahl des Hörbuchs immer wieder gedacht, dass die erzählerischen Höhepunkte sehr regelmäßig gesetzt. Zur Mitte ist neben dem Ende dann ein großer Höhepunkt gesetzt, aber auch zwischendurch gibt es immer mal wieder Vollgas-Erlebnisse. Das hat angesichts der Laufzeit gut bei Laune gehalten. Zudem muss ich gerade mit meiner Kritik an Band 1 auch sagen, dass es sich zwischen Quinn und Matilda wirklich sehr gerecht aufgeteilt hat, dass sie beide ihre eigenen und gemeinsame Erlebnisse haben. Auch wenn Quinn die meiste Zeit der drei Bände der Auserwählte war, so hat es sich zum Finale wunderbar aufgelöst, dass ohne Matilda gar nichts gelaufen wäre. Über die zwei Bände hinweg sind einige Fragen aufgeworfen worden und im Finale war es jetzt löblich, dass Gier nicht noch zig weitere aufgeworfen hat, sondern dass sie sich an die Antworten gemacht hat. So sind nach und nach Puzzleteile zusammengesetzt worden. Es war auch herrlich, dass das wirklich große Figurenensemble in der Gesamtschau noch jeweils seine Momente hatte. Da merkt man dann doch sehr deutlich, dass Gier als Erzählerin erstens erfahren ist, sie zweitens aber schon Reihen geschrieben hat, weswegen sie weiß, was die Leserschaft will. Ich fand es jedenfalls toll, dass neben Matilda und Quinn deutlich wurde, dass es auf viele Figuren ankam, die ihr Herz für den Saum und alles drum herum gegeben haben. Das ist auch insofern so löblich, weil Gier sehr spezielle Figuren geschaffen hat und es ist einfach cool, wenn eben diese trotzdem funktionieren und man mit ihnen fiebert. Man merkt also, obwohl ich lange bei dieser Reihe brauchte, um richtig drin zu sein, ich bin erleichtert, dass es irgendwann Klick gemacht hat und ich so jetzt dieses würdige Ende miterlebt habe. Fazit: „Vergissmeinnicht – Was die Welt zusammenhält“ ist ein sehr empfehlenswerter Abschlussband, um von Saum Lebewohl zu nehmen. Ich musste mich in die Reihe reinfuchsen, aber das hat sich gelohnt. Tolle Höhepunkte nochmal, weitere Heldenmomente und viel, viel Sympathisches, das den Abschied bittersüß macht.