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ninchenpinchen

Posted on 11.12.2024

Erschütternd und sehr berührend Da ich gestehen muss, den Verlag „orlanda“ bisher nicht gekannt zu haben, wurde es Zeit. Beim Lovelybooks-Award 2024 war dieser Roman: „Die Schlangen werden dich holen“ aufgelistet in der Sparte „Literatur“. Da ich längere Zeit in Kolumbien verbracht habe – wenn es auch schon länger her ist – war ich sehr neugierig, was es wohl mit dieser literarischen Reportage auf sich hätte. Und ja, vieles kam mir sehr bekannt vor und scheint leider immer noch aktuell zu sein. Allem voran die Korruption (auch bei der Polizei) und die Armut. Ich kann mich noch lebhaft daran erinnern, dass in Bogota die Geschäfte bei Ladenschluss Gitter herunterließen, dass man keinen Schmuck auf der Straße tragen sollte, dass es einen Riesengürtel an Slums um die Hauptstadt herum gab und immer noch gibt und auch Obdachlose ohne Ende. Denn die Reichen wohnten in eingezäunten Vierteln mit Personal und Security. Die Autorin Emilienne Malfatto hat sich hereingewagt in diesen undurchdringlichen Dschungel – auch der Verlogenheit. Und der Angst. Angst vor Repressalien und natürlich vor Folter oder Mord. Verständlich, dass die Kinder der getöteten Maritza ihre Namen geändert haben und ihre Wohnorte geheim halten. Etliche Jahre zuvor wurden auch Maritzas Mann und ein Onkel ermordet und somit musste die Familie schleunigst diese Finca verlassen. Und damit auch die sichere Selbstversorgung. Seit der Ermordung des Partners und des Vaters fast aller Kinder, ging es Maritza zunächst sehr schlecht. Sie nahm später dann an einem merkwürdigen Projekt teil mit Landzuordnung. Führte das schon zu ihrer Ermordung? Auch auf dieser Finca konnte der Rest der Familie nicht mehr bleiben und suchte zwangsweise Kontakt zur Verwandtschaft. Die aufnehmende Verwandtschaft war allerdings wenig begeistert und die Kinder mussten teilweise weit verstreut aufgeteilt werden. Möglicherweise verständlich bei der Anzahl. An mehreren Stellen hat die Autorin ein Riesenglück gehabt, mit dem Leben davongekommen zu sein. „Letztlich lässt sich die Problematik folgendermaßen zusammenfassen: Jeder, der sich den Mächtigen oder ihren wirtschaftlichen Interessen – Drogenhandel, großen Energie-, Bergbau-, Landwirtschafts- oder sonstigen Projekten – in den Weg stellt, wird beseitigt. Es geht um zu viel Geld, als dass Menschenleben dabei ins Gewicht fallen könnten. Man könnte sogar noch weiter gehen und von einem Massaker sprechen, das die Behörden beharrlich verharmlosen – oder sogar glattweg leugnen. Die politischen und wirtschaftlichen Eliten, die das Land seit Generationen, seit Jahrhunderten fest im Griff haben, haben keinerlei Interesse daran, dass sich etwas ändert. Das Chaos kommt ihnen zugute.“ (S. 18) Aber mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, denn es lohnt sich auf jeden Fall, diesen (kurzen) Roman selbst zu lesen. Fazit: Ich bin immer noch erschüttert, auch über die Hartherzigkeit der Menschen und ihre immerwährende Gier nach Profit um jeden Preis. Ein kleines, feines Büchlein, sehr schön gestaltet und sehr, sehr lesenswert. 5 verdiente Sterne.

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