schnaeppchenjaegerin
June und Athena sind seit ihren ersten Schreibversuchen am College lose befreundet. Während die sino-amerikanische Athena mit 27 Jahren als Bestsellerautorin gefeiert wird, ist Junes Debütroman gefloppt und sie muss sich mit Nebenjobs über Wasser halten. Als sie gemeinsam auf Athenas neuesten Erfolg anstoßen, erstickt diese tragisch an einem Pancake. June nutzt die Gelegenheit und entwendet ein Manuskript, das Athena gerade beendet hatte. June erkennt das Potenzial, überarbeitet einzelne Abschnitte und gibt es als ihre eigene - von ihrer Freundin inspirierte - Geschichte aus. Der Roman über chinesische Arbeiter während des Ersten Weltkriegs wird ein voller Erfolg. Doch mit dem Erfolg kommen auch Neider, Kritik an kultureller Aneignung und Plagiatsvorwürfe. Zwei Jahre später steht June unter Druck einen neuen Roman zu schreiben und kann sich erneut nicht nur auf ihren eigenen Verstand verlassen. "Yellowface" wurde auffällig vermarktet, das gelbe Cover war in jeder Buchhandlung und online zu sehen und auch die Beschreibung als messerscharfe Satire hat neugierig gemacht. Die Geschichte beginnt auch durchaus vielversprechend, bitterböse und mit der Frage, ob June mit dem Plagiat tatsächlich so einfach durchkommen wird. Doch statt Zweifel und Ängste zu säen, dreht sich das erste Drittel des Romans rein um die Verlagsbranche und die einzelnen Schritte der Produktion und Vermarktung eines Buches. Das mag für angehende Autor:innen (in "Yellowface" wird konsequent geschlechtsneutral formuliert) interessant sein, in dem Umfang fand ich es sehr ermüdend. Der Plagiatsvorwurf steht immer nur halbherzig im Raum und die mögliche Offenlegung oder Beweisfindung kann keine Spannung erzeugen. Stattdessen wird über Rassismus in der Verlagsbranche und über kulturelle Aneignung von Autor:innen lamentiert. Kein Charakter ist sympathisch, was die Lektüre anstrengend macht. Selbst die Hauptfigur June bleibt einem gleichgültig. Man kann sie weder hassen noch bemitleiden, da sie als Mensch fremd bleibt und rein auf ihre Rolle als selbstgerechte, sich überschätzende, erfolgsorientierte Diebin geistigen Eigentums reduziert wird. Neben der Abrechnung mit der Verlagsbranche geht es in dem Buch um Neid und Konkurrenzdruck und um Shitstorms und Hater im Netz. Ich empfand den Roman, der lange einfach nur auf der Stelle tritt, zäh und langweilig. Das vielversprechende Potenzial für einen spannenden Thriller wurde zugunsten unverhohlener Kritik am Verlagswesen und den Rollen, in die Autor:innen aufgrund ihrer Ethnie gedrängt werden, nicht genutzt. Auch das wahnhafte Verhalten Junes am Endes des Romans und die Drohung durch ihre Widersacherin konnte nur für wenig Nervenkitzel sorgen. Die konkreten Konsequenzen für June bleiben völlig vage. Bemerkenswert ist am Ende nur, wie konsequent uneinsichtig June ist und aus ihren Fehlern nicht dazuzulernen scheint.