wandanoir
Kurzmeinung: Kurzweilig, macht Spaß und hat Tiefgang. Wie man sich eine Wohngemeinschaft wünscht Isabel Bogdan macht einen guten Job, ihre Romane funktionieren für mich. Ich mochte „Der Pfau“ und „Laufen“ und ich finde es großartig, dass sie sich immer wieder neu erfindet, sprich: sich nicht zu schnell auf ein Thema oder ein Genre festgelegt hat und keine eingefahrene Schiene anstrebt. Jeder Roman ist eine echte Überraschung für mich. Der vorliegende Roman „Wohnverwandtschaften“ ähnelt einem Theaterstück. Ich kanns mir sehr gut auf der Bühne vorstellen, es funktioniert aber auch als Hörbuch und schlicht gelesen bestimmt genauso gut. Die Protagonisten leben in einer WG. Zuletzt ist Konstanze dazugestoßen. Finanziell hat sie es als gutverdienende Zahnärztin nicht nötig, in einer WG zu leben, aber als sie sich von ihrem langjährigen Freund trennt, findet sie es besser, nicht allein zu wohnen, um abgelenkt zu sein. Denn obwohl die Trennung von ihr ausging, Trennung ist immer mit Kummer verbunden. In der Wohnung lebt bereits Murat, die Seele des Haushalts, der alle bekocht und zu jedem einen guten Draht hat. Murat muss man einfach mögen, jeder will ihn als besten Freund. So ein Typ ist er. Jörg ist der Älteste, es ist seine Wohnung, die er zur Verfügung stellt. Nach dem Tod seiner geliebten Frau wollte er nicht alleine sein und gründete eine WG. Und Anke. Anke fällt auch irgendwie aus dem Rahmen, sie ist eine charmante, arbeitslose Schauspielerin, die älter geworden, keine Rollenangebote mehr bekommt. Man kennt das ja. Die Branche ist gnadenlos gegenüber älteren Frauen. Der Kommentar und das Leseerlebnis: Das Hörbuch ist mit hochkarätigen Sprechern besetzt, darunter Katharina Wackernagel mit ihrer prägnanten Stimme. Die Dialoge sind lebensecht und die beginnende Demenz von Jörg so empathisch und authentisch vermittelt, dass man sich trotz seiner Krankheit mit ihm wohl fühlt, so empathisch sind seine Mitbewohner, dass mir das Herz aufgeht. Trotz der Thematik der aufkommenden Demenz hat der Roman keine larmoyante Note. Auch das Ende ist stimmig. Und ein Ende zu einem Roman zu schreiben, der ein schwieriges Thema leichtfüßig vermittelt, ist nicht ganz ohne. Isabel Bogdan hat es spielend gemeistert. Fazit: Ein Unterhaltungsroman auf hohem Niveau, sprachlich einwandfrei, dialoglastig, aber immer mitreißend, Chapeau, Isabel. Dass die geschilderte Wohngemeinschaft mehr einem Wunschbild entspricht als den gegebenen Realitäten, tut dem Lesevergnügen keinen Abbruch. Hörbuch: Argonverlag, 2024 KiWi, 2024