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Sagota

Posted on 17.11.2024

"Schwestern im Geiste" von Marie Pierre ist der zweite Teil der geplanten Trilogie um das "Pensionat an der Mosel". Wie bereits der Vorgänger hat mir auch dieser Roman sehr gefallen und um einige historische Informationen der Grenzregion, der auch ich entstamme, bereichert. Mit der heutigen "Großregion SaarLorLux", in die ich vor fast 20 Jahren zurückkehrte, spürt man das Besondere, dass man vom Nachbarn Frankreich und auch Luxemburg nicht sehr weit entfernt ist, sondern beide Länder, besonders das Département Lothringen, nun der Region 'Grand Est' angehörend, einen Katzensprung entfernt ... Der Roman erschien (tb, brosch., 557 Seiten) 2024 im Heyne-Verlag (Verlagsgruppe Penguin Randomhouse) und an den eigentlichen Romanteil schließen sich ein informatives Nachwort, eine Karte von Thionville/Diedenhofen ein Glossar und Reisetipps zur Region nebst einer Aufzählung der wissenschaftlichen Beratung an. Besonders schätze ich an den Romanen von Marie Pierre/Maria W. Peters die qualifizierte und genaue Recherchearbeit, die ihre Romane für mich zu etwas ganz Besonderem machen. Thionville/Diedenhofen, 1911: Zwischen Pauline Martin und dem preußischen Hauptmann Erich von Pliesnitz hat sich eine tiefe Freundschaft entwickelt. Auch wenn Pauline sich manchmal nach ihm sehnt, ist eine Liebesbeziehung für sie als Lehrerin undenkbar. Noch stärker als zuvor konzentriert sie sich auf ihre Schützlinge und stellt eine zusätzliche Lehrkraft ein. Rhona O'Meally soll ihren Schülerinnen nicht nur die englische Sprache, sondern auch die irische Kultur näherbringen. Rhona sorgt für frischen Wind, hat jedoch ein gefährliches Geheimnis. Als es im Pensionat zu Diebstählen kommt und in Diedenhofen vermehrt antipreußische Schmierereien auftauchen, gerät Pauline selbst in Verdacht. Die politischen Spannungen verhärten sich, in der Moselstadt und in ganz Europa. Und Pauline muss kämpfen. Für alles, was ihr wichtig ist. (Quelle: Buchrückentext des Verlages) Wie im ersten Band der Reihe sind hier politische Ereignisse in den Kontext eines von Pauline geführten Mädchenpensionats hervorragend eingewebt. Das preußische Militär hat die Grenzregion besetzt und nicht jeder Lothringer ist ein Freund der Deutschen. Pauline jedoch stellte bereits des öfteren fest, dass Erich von Pließnitz, ein preußischer Hauptmann, sein Herz am rechten Fleck hat und ihr sowie ihrem Pensionat beisteht, sollte der Schatten eines Verdachts auf sie und ihr resolut, aber auch untadelig geführtes Institut fallen. Dieses Mal in Form von üblen Schmierereien an den Wänden einer Kaserne und in Form von Diebstählen im Pensionat. Dieser Umstand lässt eine Spannung erwachsen, die sich gegen Romanende noch steigert und man schmunzelnd darüber liest, wie Erich zu Hilfe eilt und dennoch in seiner preußischen Militärrolle festzustecken scheint (er ist ansonsten der Welt der Frauen nicht zugetan und Pauline bildet da eine große Ausnahme). Die Ziele von Pauline's Pädagogik sind für die Zeit vor 100 Jahren sehr fortschrittlich und gefallen auch dem Hauptmann: Sie möchte die Mädchen zu Selbständigkeit und kritischem Hinterfragen und Denken anregen, auch die Kultur Lothringens mit ihren Werten ist ihr wichtig. Besonders aber liegt ihr ein friedliches Miteinander am Herzen. Dieses kommt intern zum Wanken, als Charlotte, Tochter aus adligem Hause Esther, ein Mädchen mit jüdischem Familienhintergrund bezichtigt, ihr Sachen gestohlen zu haben. Hier werden gar antisemitische Züge deutlich, die es zu dieser Zeit nicht nur im Mädchenpensionat gab und gegen die Pauline mit all ihren zur Verfügung stehenden Mitteln vorgeht. Der Autorin geht es vor allem um die Gefühls- und Denkwelten ihrer ProtagonistInnen, und die Darstellung derselben ist ihr hervorragend gelungen, eingebettet in die politische Situation der Grenzregion vor 100 Jahren und den Spannungen vor dem Ausbrechen des 1. Weltkrieges. Sehr klar wird auch, wie undenkbar es scheint, dass eine lothringische Lehrerin und ein preußischer Hauptmann zusammenkommen könnten, da die gesellschaftlichen Konventionen eine Sprache sprechen, die solcherlei Verbindung absolut unmöglich macht. Dennoch wünscht man sich für Pauline und Erich, die man nach beiden Romanteilen noch fester ins Herz geschlossen hat, nichts sehnlicher als dass dennoch eine Verbindung zustande kommt. Begeistert schlägt man nach der Lektüre des Romans und des sehr lesenswerten Nachworts der Autorin mit Querverweisen zur Historie das Buch zu - und freut sich auf den dritten und finalen Teil und darauf, Pauline und Erich wiederbegegnen zu können! Meine Leseempfehlung (nach Band 1 am besten) und 4,5 *

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