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marcello

Posted on 14.11.2024

Als ich das erste Mal von Selina Mae hörte, dachte ich, dass sie wie Brittainy Cherry und andere bei Lyx als englischsprachige Autorin eingekauft wurde. Ich war dann sehr überrascht über ein Podcast-Interview mit ihr durch den Verlag selbst, durch das ich viel erfahren habe und das dann in der Summe richtig Lust auf „Lessons in Faking“ gemacht hat. College, das waren die Geschichten, mit denen ich im New Adult-Genre angefangen habe. Auch wenn sich das Genre davon inzwischen extrem in die Breite entwickelt hat, was ich sehr positiv finde, kehre ich immer wieder gerne ans College zurück. Wenn ich auch zugeben muss, dass ich inzwischen doch mehr aufpassen muss, weil sich mein Geschmack einfach etwas entwickelt hat und dann muss ich schon auch am College eine gewisse Reife und eine gewisse Ernsthaftigkeit der Themen bemerken. Da ich Mae als Autorin noch gar nicht kannte, was es dementsprechend ein kleines Risiko, aber eins, das sich letztlich gelohnt hat. Denn die Figuren kamen mir zwar nicht wie völlige Erwachsene vor, aber sie hatten eigentlich genau die richtige Mischung zwischen Bürde der Zukunft und Schalk der Jugend im Nacken. Und auch wenn jetzt keine ungewöhnlichen Themen aufgegriffen wurde, aber es war für mich genug Ernsthaftigkeit bei den Figuren zu erkennen, so dass ich in ihr Gefühlsleben eintauchen konnte. Auch wenn Mae schon viele Jahre durch Fan Fiction und anderes Schreiberfahrung hat, kommt einem die erste Begegnung immer wieder die Anfänge vor und auch wenn das oft gar nicht so stimmt, dass es der Anfang ist, so ist es doch immer der Anfang, sich an einen Stil zu gewöhnen und da habe ich bei Mae schon noch gemerkt, dass für mich da Luft nach oben ist. Es ist auch recht schwer, das auf den Punkt zu bringen, was mir noch fehlt, aber manchmal verliert es sich etwas in Belanglosigkeiten, ehe dann doch wieder Gas gegeben wird und so fühlt sich insgesamt wohl das Tempo zu ungleichmäßig ein. Immer wenn ich merkte, jetzt schweift es gerade ab, dann war da doch wieder eine Szene/ein Moment, der mich richtig an die Seiten gebunden hat. Und genau wegen Letzterem kommt auch mein überwiegend positives Urteil, denn wenn man schon so viel gelesen hat, dann ist immer wieder neu das A und O, dass da etwas ist, was mich komplett packt und mich nach mehr gieren lässt. Das Miteinander von Athalia und Dylan ist es sicherlich, was die größte Rolle gespielt hat. Zunächst dieses Foppen voneinander und die dadurch spritzigen Dialoge, aber dann auch die einzelnen Momente, in denen nach und nach die Barrieren fallen. Das hat mich schnell an die beiden gebunden. Es war einfach so eine Liebesgeschichte, in der ich grundsätzlich investiert war und bei der ich auch froh war, dass es am Ende keine großen Fehlhandlungen gab, sondern wo das typische Drama des Lebens noch eine kleine Wendung bereit hielt. Eins muss ich unbedingt noch ansprechen. „Lessons in Faking“ ist nur aus Athalias Perspektive erzählt worden. So haben viele Autorinnen angefangen, aber ich kann immer nur wieder betonen, am genialsten ist die Gleichbehandlung beider Perspektiven. Denn auch wenn ich Dylan sehr mochte, aber weil mir seine Perspektive fehlte und auch sein Verhältnis zu seinem Vater das einzige war, was mir auf emotional (negativer) Ebene mehr verraten hat, habe ich nachher gedacht: wer ist Dylan eigentlich? Er ist ein guter Kerl und ein toller Bruder/Freund, aber was sind seine Träume für die Zukunft, was seine Ängste? Bei Athalia war all das zwar nicht massiv viel intensiver ausgearbeitet, weil es mehr um die beiden als Paar als Individuen ging, aber dennoch wurde der Verlust der Eltern, die Erwartungshaltungen an sich selbst durch die Erfolge ihrer Mutter und das Verhältnis zu Bruder Henry angeboten und das war schon ein anderes Level. Auch hier sieht man also: Potenzial ist da, aber auch noch ordentlich Luft nach oben, aber das ist ja eigentlich auch Ansporn genug, weil ich zumindest schreibe immer mit dem Gedanken, mich zu verbessern, weil ich jeden Tag ein anderer Mensch bin durch neue Erfahrungen. Und so wie ich Mae im Interview erlebt habe, geht es ihr offensichtlich sehr ähnlich, weswegen ich mich auf kommende Bücher von ihr auch schon sehr freue. Fazit: „Lessons in Faking“ hat seine extrem guten Seiten, die vor allem in der unwiderstehlichen Liebesgeschichte liegen. Fake Dating als Trope passt einfach immer. Aber es ist auch ein Buch, das zeigt, das noch wesentlich mehr geht. Mir hat die männliche Perspektive für ein runderes Bild gefehlt und auch im Tempo gab es noch größere Unterschiede. Unterm Strich aber eine Autorin, die ich nun definitiv auf dem Schirm haben werde.

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