biancaneve66
Festhalten am Zusammen-Leben Eine Wohngemeinschaft von vier Menschen unterschiedlichen Alters wird zu einer Familie. Als Übergangslösung zieht Constanze nach ihrer Trennung vom Partner eine Wohngemeinschaft. Jörg, der Wohnungsbesitzer, ist der Älteste und wird immer vergesslicher; Anke bekommt als Schauspielerin kaum noch Aufträge und Murat strömt die reine Lebenslust aus. Die vier unterschiedlichen Charaktere erkennen im Lauf der Zeit, dass Ihre WG mehr zu einer Ersatzfamilie wird. Das Cover ist schlicht in Rot, Blau und Weiß gehalten und sagt doch bereits einiges über den Inhalt des Buches aus. Vier Kreise, besser vier Teller, davon zwei blau und zwei weiß, könnten ganz klassisch die Geschlechter in der WG darstellen. Wobei ein „weiblicher“ Teller zerbrochen ist und damit einen Hinweis auf Constanzes Trennung darstellen könnte. Die Erzählung erfolgt chronologisch im Zeitraum von zwei Jahren während der Coronazeit, jeweils mit Datum überschrieben, wobei es kleinere Zeitsprünge und kurze gedankliche Rückblenden gibt. Überhaupt spielen die Gedanken der Protagonisten eine entscheidende Rolle. Jedes Kapitel ist jeweils aus Sicht eines der WG-Bewohner:innen beschrieben, und folgt dadurch auch sprachlich den Charakteren, die unterschiedlichen Altersstufen angehören; manchmal kommt es auch zur Darstellung in Dialogform. Insgesamt ist der Schreibstil recht angenehm, oft locker, teils humorvoll, aber immer tiefsinnig. Denn Bogdan spricht vielfältige Themen an. Dieser Roman behandelt auf leichte Art die Diskriminierung von Alter und Geschlecht; beinhaltet das Thema Familie und setzt es in Kontrast zu Freundschaft; und bearbeitet auch auf seine spezielle Art den Bereich von Krankheit, die sich in diesem Buch durch die Demenz eines Mitglieds der WG-Familie manifestiert. Alle vier Angehörigen dieser „Wahlfamilie“, ob Jörg, Anke, Murat oder Constanze sind sympathisch und erwachen durch die lebhafte Erzählung zu authentischen Charakteren. Manches in diesem Buch mag als zu leicht und mühelos beschrieben sein, gerade Jörgs fortschreitende Demenz betreffend. Allerdings stört dies hier überhaupt nicht. Durch die Gedankengänge der Protagonisten wird auch das Publikum zum Denken angeregt; automatisch hinterfragt man dabei, welche Arten von Zusammenleben das Dasein lebenswert machen und wie wichtig Zusammenhalt und Hilfe und unter einst Fremden werden kann.