schnaeppchenjaegerin
"Die Glücksfrauen - Die Kraft der Bücher" ist nach "Die Glücksfrauen - Der Geschmack von Freiheit" der zweite Band der Trilogie um die drei Freundinnen aus Berlin, die im Dritten Reich die Flucht ergreifen mussten und ihre drei Enkelinnen, die Jahrzehnte später mehr über die Vergangenheit ihrer Großmütter erfahren möchten, um ihr Erbe anzutreten. Der Aufbau des Romans ist analog zu Band 1. Im Fokus stehen statt Luise, die als erste die Flucht ergriff und nach Amerika emigrierte und June, die in Berlin wohnt, in diesem Band die Jüdin Maria, die in Brasilien eine neue Heimat fand und ihre Enkelin Sandra, die in Rio de Janeiro die Buchhandlung ihrer verstorbenen Großmutter führt. Auch wird in diesem Teil der Partner der Flüchtenden erneut als Schwachpunkt dargestellt, während die Frau entschlussfreudig und vorausschauend ist und zur Heldin mutiert. Die Vergangenheit wird von 1936 bis 1943 erzählt und schildert eindringlich die Verschlimmerung der Situation für die jüdische Bevölkerung unter dem Erstarken der Nationalsozialisten und die Flucht von Maria und ihrer Familie, die im Jahr 1939 schon fast zu spät war. Ihr Weg bis nach Brasilien ist steinig und gefährlich, aber letztlich treffen sie immer wieder auf liebe Menschen, die ihnen behilflich sind und sich ihrer annehmen. Parallel dazu versuchen June und Sandra über 80 Jahre später den Fluchtweg anhand Marias Tagebuch nachzuvollziehen. Sie möchten auf diese Weise die Nachkommen der dritten Freundin Anni ausfindig machen, die sie für das gemeinsame Erbe, ein Restaurant in New York, benötigen. Die Vorgehensweise er beiden Frauen erscheint jedoch arg konstruiert. Als Backpacker und mit knappen Reisebudget einfach mal so nach Europa reisen, um peu à peu anhand der Notizen Marias Fluchtstationen aufzusuchen statt zunächst das gesamte Tagebuch zu lesen, um sich auf wichtige Ziele zu fokussieren, die einen Hinweis auf Anni geben könnten, ist unglaubwürdig, insbesondere da June eigentlich eine logisch denkende Journalistin sein sollte. Auch dass an einer Stelle erwähnt wird, dass sie tatsächlich Anni suchen, ist bestenfalls naiv. Wie alt soll Anni inzwischen sein? 115 Jahre? So liest sich die Geschichte etwas holprig, aber lebendig und bildhaft dank vielfältiger Ortsbeschreibungen von heute und damals. Auch die Spannung auf den abschließenden dritten Band der Reihe "Die Glücksfrauen - Das Geheimnis der Rosen" (ET: 31.01.2025) bleibt notgedrungen erhalten, denn aus Luises vermeintlichem Verrat und was die Freundinnen damals trennte, wird nach wie vor ein großes Geheimnis gemacht. Da Maria bereits dahinter gekommen ist und nur nicht darüber sprechen möchte, hätte auch die/ der LeserIn nicht mehr unbedingt im Dunkeln tappen müssen. Die Idee hinter der Buchreihe mag ich wirklich gerne, aber Band 2 war mit von entschieden zu vielen glücklichen Zufällen (vielleicht daher die Bezeichnung "Glücksfrauen"?) und vor allem in der Gegenwart von zu viel Einfältigkeit der Figuren geprägt. Die Vorstellung, dass Bücher so viel Zuversicht und Kraft schenken können und gar eine heilsame Wirkung haben, mag romantisch anklingeln, ist jedoch sehr leidenschaftlich und überzeugend in dem Erzählstrang der Vergangenheit dargelegt.