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Buchdoktor

Posted on 1.11.2024

Lottie Sandvik, allein erziehend, frisch getrennt und aus Oslo in die Region Spitzbergen und Lofoten versetzt, ist als Chefin von nur 12 Polizisten auch für Sicherheitsfragen zuständig, die Eisbären betreffen. Durch die Klimaerwärmung schwinden Eisflächen und die weißen Riesen durchstreifen neugierig Wohngebiete der Menschen. Als die Doktorandin der arktischen Biologie Agneta Sørensen tot aufgefunden wird, fällt Lottie und ihrem Kollegen Thor sofort auf, dass sie nicht, wie außerhalb des Ortes vorgeschrieben, bewaffnet und auch nicht mit einem Fahrzeug ihres Instituts unterwegs war. Agneta hat sich vor ihrer Fahrt in die abgelegene Bucht abgemeldet und war doch bewaffnet, wie sich bald herausstellen wird; ihre Waffe fehlt. Die Tote liegt neben einem gestrandeten Pottwal, in dessen Kadaver sonderbare Symbole eingeritzt sind und auf den geschossen wurde. Am Fundort der Leiche gesichtet wurde die (den Einwohnern bekannte) Bärin „Frost“, die ein Funkhalsband trägt. Zwischenfälle mit Bären sind zu dieser Jahreszeit selten – und Frost führte keine Jungtiere. Lottie kommt als Tochter einer russischen Mutter wie gerufen, um die russischen Wachleute zu vernehmen, die die Leiche gemeldet haben. Zu ihrem Revier gehört die ehemals russische Bergarbeitersiedlung Pyramiden, die nach der Schließung der Kohlemine wie eine Phantomstadt wirkt. Die Beziehungen „Svalbards“ zu Russland sind nicht erst seit Beginn des Ukraine-Kriegs heikel. Lottie hat bisher verschwiegen, dass sie nach Traumatisierung im Polizeidienst an einer generalisierten Angststörung leidet und jederzeit in Krisensituationen wieder Panikattacken erleiden kann. Parallel zu den Ereignissen in Spitzbergen wird auf dem norwegischen Festland die Ex-Kriegsreporterin Åsa Hagen tot aufgefunden. Ihr langjähriger Kollege Nils Madsen hat jedoch erhebliche Zweifel an der Selbstmord-Theorie der Ermittler und will ihren Tod auf eigene Faust aufklären. Åsa hatte ihren Beruf aufgegeben und lebte auf den Lofoten als Veranstalterin von Meeres-Safaris. Sie hatte immer wieder verstümmelte Meeressäuger aufgefunden, die Funde bisher vergeblich angezeigt und als routinierte Journalistin zum Thema Material gesammelt. Da Fischer und Walfänger vom Schutz der Meeressäugetiere wenig halten, hat sie sich als Veranstalterin von Waltourismus im Ort keine Freunde gemacht. Wie zu erwarten, kreuzen sich Nils und Lotties Ermittlungen. Bei der Befragung von Zeugen auf Spitzbergen kommt es zu erstaunlichen Begegnungen: vom Betreuer von Agnetas Promotion, der als entschiedener Fürsprecher das Walfangs auftritt, über knorrige Einzelgänger bis zum Vorsitzenden des Walfänger-Verbandes ergibt sich ein widersprüchliches Bild. Alle haben offenbar etwas zu verbergen und die Verbindung des Falls nach Russland erleichtert die Ermittlungen nicht gerade. Nils Madsen hat indessen seinen Chef überzeugt, dass er einem brisanten Fall auf der Spur ist, und darf offiziell recherchieren. Auch Madsen ist von seinen Kriegserlebnissen traumatisiert und wirkt wenig einsatzfähig. Ihre Jagd nach den Tätern lässt beide Ermittler auf dem schmalen Grat zum körperlichen und psychischen Zusammenbruch balancieren, während der Autor eine überraschende Spielkarte nach der anderen aufdeckt. Fazit Am Schnittpunkt von Walforschung, Walfang als Tradition und Einnahmequelle legt Morgan Audic einen exzellent recherchierten Öko- und Wildlife-Thriller vor. Abgesehen vom zentralen Thema Grausamkeit gegenüber Tieren hat mich von den Schauplätzen, über die zahlreichen Figuren, Journalisten in der Rolle als Ermittler und die Sprache hier alles angesprochen. Ein großartiger Thriller, der Interesse an Audics weiteren Werken weckt.

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