Profilbild von joberlin

joberlin

Posted on 28.10.2024

Gotthard Erler, der renommierte Autor und Herausgeber vieler Bücher über Theodor Fontane, legt zum 200. Geburtstag Emilie Fontanes ein neues, interessantes, wunderschönes Buch „Dichterfrauen sind immer so“ vor. Dabei lässt er Emilie selbst erzählen, anhand einer Auswahl aus ihren Briefen soll sie uns selbst berichten, wie das Leben an der Seite ihres berühmten Mannes denn so war. „Eine Autobiografie in Briefen“ nennt Erler diese Schilderungen, allerdings unterstützt er Emilie mit eingefügten Zwischentexten, diese sind so wichtig, um immer mal wieder Ereignisse zuzuordnen, Jahreszahlen zu behalten und das Ganze nach Wichtigkeit zu filtern. Und was wäre Fontane ohne seine Frau Emilie, die nicht nur Geschäftsführerin des literarischen Familienunternehmens, Lektorin und Buchhalterin, Haushaltsleitung war. Hinter dem erfolgreichen Schriftsteller-Mann stand eine superstarke Frau, die ihrem Theodor durchaus auch die Meinung sagte, wenn sie zum Beispiel eine bestimmte Passage eines Buches als nicht so gelungen empfand. Wie groß ihr Einfluss auf den dichterischen Schaffensprozess Fontanes war ist dem vorliegenden Buch allerdings nicht schlüssig zu entnehmen, vermutlich also nicht so groß, wie ich gerne glauben möchte. Doch die große Organisatorin seines Lebens, mit vielen Umzügen – auch nach England natürlich - , Aufbau und Pflege des Schriftstellernetzwerks, Verhandlungen und Korrespondenz mit Verlegern, Kopieren seiner Skripte, Zusammenhalt der Familie ---- das war ganz und gar Emilie. Und Fontane konnte sich auf sie verlassen. Mir gefällt Emilies Pragmatismus, ihre zupackende Art, ihr Finden ins Schicksal, so schwer manche Wendungen ihres Lebens auch gewesen sein mögen. Gotthard Erler ermöglicht mir einen weiten Blick in ein Frauenleben im 19. Jahrhundert mit knappen Ressourcen, vielen Schwangerschaften, hoher Kindersterblichkeit, oft alleine ohne den auf Reisen weilenden Ehemann und schafft so ein Buch, das mir viele Einsichten vermittelt und dem ich eine große Leserschaft wünsche.

zurück nach oben