hyperventilea
Ein Mordfall und viele private Herausforderungen für die Ermittler - atmosphärische, lesenswerte Fortsetzung „Charlotte hat sich in dem Glauben hingelegt, dass sie in ihrem Bett sicher ist. Dann kam der Einbrecher.“ Charlotte Wretlind ist Immobilentwicklerin. Ihre Pläne für das Bergdorf Are stoßen nicht bei allen auf Gegenliebe, zumal es bei ihren Geschäften nicht immer ganz astrein zugeht. Als Charlotte in ihrem Hotelzimmer ermordet aufgefunden wird, gibt es daher einige Verdächtige. Hanna und Daniel von der Polizei in Åre ermitteln. Ist das Naheliegende hier wirklich auch die Lösung des Falls oder liegt die vielleicht doch tiefer in der Vergangenheit verborgen? Dann geschieht ein weiterer Mord…. Viveca Sten erzählt auf zwei Ebenen. Chronologisch wird geschildert, was rund um den Mord geschieht. Es werden verschiedene Perspektiven, z.B. die Charlottes, Hannas, Daniels oder auch die weiterer betroffener Personen eingenommen. Dabei werden auch immer wieder Rückblenden von „Damals“ aus dem Jahr 1973 eingeschoben. Wie diese Szenen mit dem Mord zusammenhängen, klärt sich im Verlauf. Der Roman liest sich unkompliziert, flüssig und leicht. Die Kapitel sind recht kurz gehalten, enden oft mit unbeantworten Fragen oder kleinen Cliffhangern, was die Spannung steigert. Charlotte Wretlind ist eine Karrierefrau und geht im Beruf nicht gerade zimperlich vor. Sie wirkt wenig einnehmend und sympathisch. Doch das ist sicher kein Grund, sie umzubringen oder doch? Wie auch in den vorherigen Büchern der Autorin lernt man die Ermittler nicht nur im Dienst, sondern auch im Privaten kennen. Für mich eine große Stärke des Romans. Dadurch werden die Figuren nahbarer, bekommen Ecken und Kanten. Ich habe viel Verständnis für Hanna, die in Åre nach einer gescheiterte Beziehung völlig neu anfangen musste und nun erneut ins Gefühlschaos gerät. Und auch mit Daniel, der alles immer richtig machen möchte und von seiner Vergangenheit eingeholt wird, litt ich mit. Für mich sind die beiden Hauptfiguren sehr interessante Charaktere mit viel Potential für mitreißende, vielschichtige Handlungsstränge. Aber auch die Nebenfiguren wie z.B. Anton, ein Kollege von Daniel und Hanna oder Ida, Daniels Lebensgefährtin, liefern Stoff für fesselnde Geschichten. Wer ermordete Charlotte? „Blutbuße“ wird langsam und atmosphärisch, teils auch etwas melancholisch erzählt. Die Stimmung des Romans passt dabei sehr gut zum Setting- die Geschichte spielt rund um Ostern, im Polarkreis herrscht noch tiefster Winter. Nicht nur der Kriminalfall, auch die Entwicklung der Ermittler, ihre persönlichen Probleme und Herausforderungen stehen im Fokus. Daniel und Hanna werden dadurch als Figuren immer reizvoller und spannender. Für mich ist „Blutbuße“ eine runde, gelungene, sehr lesenswerte Fortsetzung, die Lust auf mehr macht. Alle, die sich bei Krimis nicht nur für den Fall, sondern auch für die Persönlichkeiten und Lebensumstände der Ermittler interessieren, kann ich diese Reihe nur wärmstens empfehlen.