Gutenbuchclub
"Ich esse kein Fleisch." Mit diesen Worten bricht Yeong-hye mit einer Welt der Gewöhnlichkeit, die ihr Ehemann Mr Cheong undurchdringlich um sie herum erbaut. Sein uninspirierter Blick ist es, der in Han Kangs "The Vegetarian" auf Yeong-hye fällt. Selbst vor der Hochzeit begeistert er sich kaum für seine Versprochene, deren Bruch mit der Passivität er ebensowenig wie ihre Familie zu dulden beabsichtigt. Es folgen drei Akte des emotionalen und körperlichen Missbrauchs einer jungen Frau, deren Selbstzerstörung durch die Erwartungen einer patriarchalen Gesellschaft und einem (be)handlungsunfähigen Gesundheitssystem vorangetrieben wird. Die stets von den egozentrischen Familienmitgliedern getrübte Realität steht Yeong-hyes brutalen Träumen in nichts nach. Nur In-hye, die sich als einzige für den immer schlechter werdenden Zustand ihrer Schwester verantwortlich fühlt, kämpft gegen ihre eigene Machtlosigkeit. "The Vegetarian" ist schockierend in seiner Schilderung der Entfremdung und lässt den Leser mit diesem Unbehagen zurück. Die Brutalität wird überschattet von transformatorischen Szenen aufkeimender und verwelkter Körper sowie der Ichbezogenheit der Charaktere. Sprachlich unaufgeregt wie schmucklos ist "The Vegetarian" eine außer-gewöhnliche Leseerfahrung.