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*Faszinierende Reise zwischen den Welten* In ihrem neuesten Roman „Nach uns der Himmel“ nimmt uns die deutsche Autorin und mehrfache Deutsche Krimipreis-Gewinnerin Simone Buchholz mit auf eine ungewöhnliche, aber sehr faszinierende literarische Reise jenseits der üblichen Genre-Muster. Die Autorin beweist einmal mehr ihr außergewöhnliches Talent, komplexe, tiefgründige Themen zu beleuchten, menschliche Erfahrungen in Grenzsituationen zu ergründen und eine sehr geheimnisvolle und fesselnde Handlung zu schaffen, die nicht nur unterhalten, sondern auch zum Nachdenken anregt. Buchholz erzählt eine atmosphärisch dichte, vielschichtige Geschichte über das Leben und den Tod mit interessanten Elementen des Magischen Realismus, die existenzielle Fragen aufwirft, zwischen den Zeilen gelesen werden will und viel Raum für persönliche Interpretationen lässt. Der ungewöhnliche und unverwechselbare Schreibstil der Autorin trägt zum besonderen Flair des Romans bei. Er ist prägnant, lebendig, ironisch und poetisch und zeichnet sich zudem durch Witz und Esprit sowie wundervolle Sprachbildern aus. Der dramatische Einstieg in die tiefgründige Geschichte, bei dem acht Passagiere nach heftigen Turbulenzen während eines Fluges schließlich auf ihrer Ferieninsel landen, ist äußerst faszinierend und eindringlich beschrieben und hat mich zusammen mit der beklemmenden, mysteriösen Atmosphäre auf Anhieb in den Bann gezogen. Gefesselt verfolgt man die rätselhaften, surrealen Entwicklungen auf der paradiesischen Mittelmeerinsel, die eine ganz eigene Dynamik entfalten. Durch ihre atmosphärisch dichten Beschreibungen gelingt es Buchholz hervorragend, unser Kopfkino anspringen zu lassen. So tauchen wir an der Seite der Protagonisten allmählich in die surreale Umgebung auf der Urlaubsinsel ein und sehen auch die alltäglichen Geschehnisse in einem mystisch-unwirklichen Licht. Rasch wird klar, dass die Charaktere sich in einer Art Jenseits befinden - gefangen in einer faszinierenden Zwischenwelt zwischen Leben und Tod. Befreit von den Zwängen ihres bisherigen Lebens vergessen sie ihre Alltagssorgen, beginnen sie auf eine ganz neue, unerwartete Weise miteinander zu interagieren, sich konträr zu ihren gewohnten Verhaltensmustern zu verhalten und entdecken schließlich ganz neue Seiten an sich. Hautnah erleben wir mit, wie zunehmend die Grenzen zwischen Realität, Unwirklichem und Illusion, Leben und Tod, Existenz und Nicht-Sein auf unerklärliche Weise verwischen. Gekonnt führt die Autorin eine zusätzliche Handlungsebene mit zwei weiteren Charakteren ein, die in Los Angeles spielt und auf die man sich zunächst keinen Reim machen kann. Die nachdenklich stimmende Geschichte entfaltet sich zu einer tiefgründigen Erkundung der menschlichen Existenz und regt zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Tod, dem Leben danach, der Sterblichkeit und Vergänglichkeit sowie den fließenden Grauzonen dazwischen an. Zudem beleuchtet Buchholz Themen wie die Suche nach Authentizität, Selbstverwirklichung und Freiheit, der Grenzbereich von Wirklichkeit, individueller Wahrnehmung und der eigenen Wahrheit sowie die Befreiung von gesellschaftlichen und persönlichen Zwängen. Auch bei der lebendigen und sehr facettenreichen Zeichnung ihrer ungewöhnlichen Charaktere bleibt sich Buchholz durchaus treu. So begegnen wir einem bunt gemischten, skurrilen Figuren-Ensemble mit ihren eigenen Hintergrundgeschichten und verborgenen Geheimnissen. Ob nun der unglückliche Geschäftsmann Claudius mit seiner Frau Elisabeth, das Ehepaar mit einem todkranken Teenager-Sohn Vincent oder die quirlige, lebensfrohe Heidi, die sich mit diesem anfreundet - sie alle sind gebrochene, verletzliche Seelen, die mit mit den alltäglichen Herausforderungen des Lebens, ihren Problemen und inneren Dämonen zu kämpfen haben und sich verloren zu haben scheinen sowie den obligatorischen, kettenrauchenden Charakteren mit derbem Charme. Durch wechselnde Perspektiven erhalten wir zwar Einblicke in ihre Vergangenheit, die Gefühlswelten und Motivationen der verschiedenen Charaktere und erleben ihre oft überraschenden, persönlichen Entwicklungen mit, doch wirklich nahe bin ich ihnen nicht gekommen. Besonders beeindruckend ist Bucholz` Fähigkeit, komplexe emotionale Momente und zwischenmenschliche Dynamiken sehr lebendig und mit wenigen, aber präzisen Worten zu skizzieren. In diesem Roman gibt es eine Vielzahl an geschickt gestreuten Hinweisen, vagen Andeutungen und Ungewissheiten zu ergründen und einzuordnen, was für mitreißende Spannung sorgt. Bis zum packenden Ende bietet dieser vielschichtige Roman zwischen den Zeilen unendlich viel Raum zum Nachdenken und Reflektieren Bewusst lässt Buchholz vieles unausgesprochen und im Dunkeln, so dass es uns überlassen ist, die Lücken zu füllen und eigene Schlüsse zu ziehen. Auch wenn nicht alle offenen Fragen und Rätsel in diesem anspruchsvollen Leseabenteuer aufgelöst wurden, konnten mich die surreale Atmosphäre und die ständigen Wendungen in Atem halten. FAZIT Ein faszinierendes Leseerlebnis jenseits des Gewohnten, das zum Nachdenken und und zum Hinterfragen unserer Vorstellungen vom Leben anregt!