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anne_hahn

Posted on 6.10.2024

„Kurz dachte ich, dass ich die Zeit in hundert Jahren nicht erleben würde, in der die Menschen so klug wären, dass sie ihren Platz auf der Welt kennen und in Eintracht mit sich selbst zu leben wissen, mit den anderen Menschen und der ganzen Schöpfung. Niemand würde einen anderen Menschen oder ein Tier als Sklaven halten, alle hätten die gleichen Voraussetzungen, und es wäre nicht so, dass der eine reich geboren wird und der andere arm, und alle wüssten, wie man das Vergangene und das Künftige abwägt, und würden nicht immer bloß der Karotte hinterherhecheln.“ Die das denkt, ist ein Mädchen, dreizehn erst und ziemlich weise. Sie lebt auf einem Bauernhof zwischen großen Flüssen und es ist Krieg. Was hier verhandelt wird, könnte irgendwo auf der Welt stattfinden und irgendwann. Menschen werden vertrieben und versuchen, sich zusammen mit ihrem Vieh in Sicherheit zu bringen. Bei Rosa Liksom, die ich schon seit "Abteil Nr. 6" verehre, ziehen die halbwüchsigen Mädchen und ihre Rinderherde durch ein verwüstetes Lappland im Jahre 1944. Überqueren den Strom. Selten habe ich einen Roman gelesen, der so sehr riecht, schwitzt, friert - echt ist und voller Wunder wie Grausamkeiten. Sicher polarisiert die dichte Herangehensweise, der Zoomblick auf das Unmittelbare, mich überzeugt das Derbe und Direkte, das andere abstoßen mag. So stelle ich mir Krieg vor, Flucht und Vertreibung. Ein Zufall ändert die Richtung, ein Sturm entscheidet über den nächsten Schritt. Und doch bleibt der Blick in die Sterne, das Träumen, das Jungsein und Leben wollen.

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