feliz
Die Gestaltung des Buches ist wirklich wunderschön. Ich liebe die dunklen Blau- und Grüntöne, die nahezu perfekt zu dem Gefühl passen, unter Wasser zu sein. Der untergehende Körper inmitten von im Wasser umherwirbelnden Papieren und Schreibmaschinen passt perfekt zum Inhalt und Gefühl des Buches. Die Story hat mich ebenfalls direkt für sich eingenommen: Effy Sayre wünscht sich nichts mehr, als Literatur studieren zu können, um sich auch dort mit den Werken ihres Lieblingsautors Emrys Myrrdin auseinandersetzen zu können. Doch für Frauen ist der renommierte Studiengang in Llyr verboten, sodass sie sich mit der zweiten Wahl zufrieden geben muss und Architektur belegt. Dadurch erhält sie auch Zugang zu einem Projekt, bei dem sie das Haus des gerade erst verstorbenen Dichters renovieren darf und bewirbt sich dafür. Obwohl sie erst im ersten Semester ihres Studiums ist, wird sie von dem Sohn des Dichters eingeladen und macht sich voller Vorfreude auf in den rauen Süden von Llyr, wo die Menschen den Launen des Meeres ausgeliefert sind und noch immer an die alten Sagen glauben. Besonders die Erzählung des Elfenkönigs, die Effy schon seit ihrer Kindheit verfolgt, lässt sie hier nicht los. Doch während das Anwesen des Dichters zunehmend vom Meer verschluckt wird und Effy widerwillig mit dem Literaturstudenten Preston zusammenarbeiten muss, kommen sie zusammen einem dunklen Geheimnis auf die Spur, das ihr Leben für immer verändern kann. Der Schreibstil des Buches ist wirklich gelungen, weil er es schafft, die Gestaltung der Welt von Llyr einzufangen, aber einen dennoch komplett in die Geschichte zu ziehen. Ich musste mich dennoch zunächst ein bisschen an die Art des Erzählens gewöhnen, weil sie manchmal ein wenig altmodisch und poetisch wirkt. Das passt aber hervorragend zu Effys Geschichte, weil auch Llyr ein wenig so wirkt, wie ein Land, das in der Vergangenheit unserer Welt durchaus hätte existieren können. Dies gefiel mir im Allgemeinen ausgesprochen gut. Ich hatte immer das Gefühl, einen historischen Roman zu lesen, der vielleicht am Anfang des 20.Jahrhunderts spielen könnte. Ich liebe historische Romane und die Atmosphäre dieses Buches fängt den Zeitgeist meiner Vorstellung nach perfekt ein. Natürlich gibt es auch immer wieder fantastische Elemente, aber selbst die waren so perfekt eingebettet, dass sie perfekt zur Story gepasst haben. Dennoch habe ich vor allem zu Beginn ein wenig gebraucht, um komplett in die Geschichte zu finden. Das liegt zum einen daran, dass man ein wenig hineingeworfen wird, weil über die Welt, in der sich Effy bewegt, den Krieg zwischen Llyr und Arganatien und selbst das Studium eher oberflächlich berichtet wird. Das hat mich zu Beginn doch etwas irritiert und dafür gesorgt, dass ich ein paar Probleme hatte, mich richtig orientieren zu können. Im Verlaufe des Buches wird das aber weniger und es wird deutlich, dass diese Umstände einfach keine Rolle spielen, weil die behandelten Themen das zentrale Element darstellen. Es geht um Feminismus und Gleichberechtigung, Missbrauch und Mental Health und diese Themen sind in der fantastischen Welt von Llyr ebenso von Bedeutung wie in der Realität. Dennoch fand ich, dass sich die Geschichte manchmal ein wenig hingezogen hat und es vor allem in der Mitte ein paar Längen gab. An diesen Stellen war es für mich manchmal ein wenig schwer, weiterzulesen, einfach weil der Sog nicht vorhanden war. Die Charaktere habe ich ebenfalls eher langsam ins Herz geschlossen. Effy mochte ich zwar und ich habe mit ihr mitgelitten, weil sie es als einzige Frau in ihrem Studiengang definitiv nicht leicht hatte, aber es fiel mir trotzdem schwer, sie zu greifen, sie wirkte immer ein wenig distanziert und öffnet sich erst nach und nach. Ich konnte ihre Zurückhaltung dabei sogar nachempfinden, schließlich hat sie mehrere traumatische Erlebnisse hinter sich, die sie nie verarbeitet hat, aber es dauert dadurch sehr lange, bis man sie richtig kennenlernt. Bei Preston fiel mir das erstaunlicherweise sehr viel leichter, auch wenn er ebenfalls kein offenes Buch ist. Dennoch ist er immer ehrlich und unterstützt vor allem Effy, nachdem sie ihre Schwierigkeiten erst einmal überwunden haben, bei allem, ohne sie zu etwas zu drängen oder sie nicht ernstzunehmen. Damit stellt er einen perfekten Gegenpol zu den meisten anderen Männern in diesem Buch dar und ist zum Ende hin mein absoluter Lieblingscharakter geworden. Alles in allem habe ich das Buch wirklich gerne gelesen und vor allem den romantisch-poetischen Schreibstil geliebt. Ich kann verstehen, dass das Buch vielleicht nicht jeden anspricht, dafür ist der Schreibstil zu speziell, die Thematik zu subtil, gleichzeitig aber omnipräsent, sodass es manchmal auch wegen der distanzierten Charaktere schwer ist, dran zu bleiben. Für mich hat es sich aber gelohnt, dieses Buch zu lesen, weil viele Themen sich einfach auch perfekt auf die aktuelle Wirklichkeit anwenden lassen.