auserlesenes
Es ist Sommer und beide sind noch Kinder, als sich Giulia(10) und Cristina (7), genannt Cristi, kennenlernen. Die Ältere ist sofort fasziniert und fühlt sich von der Jüngeren angezogen. Doch dann stiehlt Mattia, ein fremder Junge, Cristis Aufmerksamkeit und konkurriert ebenfalls um ihre Gunst. „Das Schweigen meiner Freundin“ ist der Debütroman von Giulia Baldelli. Die Struktur des Romans ist schlüssig und klar: Ein Prolog und ein Epilog umrahmen die sechs Teile, die sich wiederum in kurze Kapitel untergliedern. Die Handlung umfasst die Jahre 1991 bis 2014 und spielt in Italien. Erzählt wird in chronologischer Reihenfolge und im Präsens in der Ich-Perspektive aus der Sicht von Giulia. Die Sprache des Romans ist ungekünstelt, aber anschaulich, atmosphärisch und eindringlich. Die Dialoge kommen authentisch rüber. Drei Figuren stehen im Mittelpunkt der Geschichte: Giulia, Cristina und Mattia. Die Protagonisten werden mit großer psychologischer Tiefe dargestellt. Sie wirken lebensnah. Vor allem Giulias Denken und Fühlen wird sehr deutlich, blieb mir in Teilen aber leider etwas fremd. Inhaltlich dreht sich der Roman um Liebe und Freundschaft, um Eifer- und Sehnsucht, um Lügen und Geheimnisse, vor allem aber um toxische Beziehungen und emotionale Abhängigkeiten. Diese und weitere Themen machen die Geschichte gleichwohl unterhaltsam und facettenreich. Trotz der beinahe 500 Seiten ist die Geschichte fesselnd und kommt ohne Längen aus. Das moderne, künstlerisch anmutende Cover passt gut zum Inhalt. Der deutsche Titel, der stark vom Original abweicht („L‘estate che resta“), ist ebenfalls keine schlechte Wahl. Mein Fazit: Mit „Das Schweigen meiner Freundin“ legt Giulia Baldelli ein überzeugendes Debüt vor. Ein lesenswerter Roman.