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marcello

Posted on 5.9.2024

Bei Merit Niemeitz ist mir schon früh bewusst geworden, sie ist eine der Autorinnen, die nicht für jedermann ist. Was auch völlig okay ist, denn Geschmäcker sind nun mal verschieden, aber gerade weil ihr Stil sich so deutlich von anderen abhebt, macht es mich umso stolzer, dass mit der Evergreen-Empire-Trilogie nun schon ihre zweite Buchreihe bei Lxy erscheinen darf und natürlich nicht zu vergessen ihre „Starling Nights“-Reihe bei reverie (die Impress-Artikel lasse ich hier mal bewusst weg). Das zeigt doch, dass die Wortakrobatik von ihr geschätzt wird und das absolut verdient. Bei der neuen Reihe und nun dem ersten Band, „Delicate Dream“, muss ich auch sagen, was für eine Symbiose aus Cover und Inhalt. Wirklich sehr gut gemacht, denn in der ganzen zarten Gestaltung sieht es wie ein edler Flakon aus und ich bin wirklich verliebt. Kommen wir nun zum Inhalt. Ich fand das Parfüm-Geschäft als Setting sehr interessant. Ich habe selbst eine spezielle Beziehung zu Gerüchen, bin aber eher ab von Parfüm, aber dennoch ist es ein faszinierendes Geschäft, vor allem vor dem Hintergrund, dass ein Duft auf jeder Haut dennoch andere Noten entfaltet. Ich fand es auch spannend, wie Niemeitz im Nachwort beschreibt, wie sie sich in die Welt eingefunden hat und ich muss sagen, ohne selbst Expertin zu sein, dass es sehr echt wirkte. Es waren viele Details, die ich vorgefunden habe. Vor allem die Ausflüge zu den einzelnen Bestandteilen sowie auch die Beschreibung, was wie zusammenwirkt, da ist doch schon sehr deutlich geworden, wie viel Recherche da hinein geflossen sein muss, um eben so professionelle auch zu wirken. Auch wenn die Duftthematik hinten heraus immer mehr verloren gegangen ist, was ich etwas schade fand, so ist ein wichtiger Bestandteil dieser Geschichte, der definitiv einen Teil der Faszination abgebildet hat. Der Stil ist typisch Niemeitz und gerade die Duftwelt hat sie sich natürlich auch für viele Sprachspiele angeboten. Aber auch abseits davon gab es wieder Wortkreationen, nach denen ich denke, meine Güte, sie müsste ein eigenes Wörterbuch anlegen, weil da so wunderschöne Ideen hinterstecken. Ich war da in einiges wieder sehr verliebt. Über Emmeline hat sie sich deutlich mehr darüber ausgetobt, was charakterlich auch passte, denn sie hat als Gefühlsmensch offenbar wirklich einen ganz anderen Zugang zum Leben, den sie dann auch noch ideal in Worte fassen kann. Odell war da zwar deutlich nüchterner, aber durch die langen Jahre mit Emmeline hat man ihm natürlich dennoch angemerkt, dass er sehr ähnlich denkt und vieles von ihr auch in sich trägt. Das hat sie letztlich aber auch so passend füreinander gemacht. Dennoch ist die Liebesgeschichte für mich eher schwächer. Ich musste da an die „Mulberry Mansion“-Reihe denken und konkret auch da an den ersten Band, „No Longer Yours“, dort hatten wir durch Avery und Eden auch schon ein Paar, dass sich nach Jahren voller gemeinsamer Geschichte und dann Funkstille wieder zusammenfindet. Niemeitz ist ja auch nur eine von vielen, die solche Paare wieder zusammenbringt und ich muss immer wieder feststellen, dass es mir da oft schwer fällt, so einen richtigen Funken zu entwickeln. Wenn ich live dabei, wenn sich zwei begegnen und selbst wenn es nicht direkt Liebe ist, dann entsteht aber dennoch etwas, wo ich das Gefühl habe, ich bin wirklich bei allen Schritten dabei. Aber bei Paaren, bei denen schon so viel Geschichte geschrieben ist, da haben auch Rückblenden dann nicht mehr die Wirkung, mir das richtig von Anfang an aufzuzeigen. Deswegen sind Emmeline und Odell für mich keine aufregende Liebesgeschichte, sondern eine leise, sanfte. Und das sind auch wunderschöne Liebesgeschichten, nicht falsch verstehen, aber es sind auch die, bei denen ich dann öfters rechts und links schaue. Deswegen habe ich dann auch bei den Figuren genauer hingesehen und natürlich auf das Drumherum. So fand ich beispielsweise die Geschwisterdynamik sehr anstrengend. Auch wenn es drei Bände gibt und damit natürlich eine Entwicklung aufgezeigt werden wird, aber es war nicht richtig greifbar, wie so viel zwischen dreien Menschen sich aufbauen kann, wenn sie doch so eng aufgewachsen sind. Umgekehrt fand ich aber auch die Testamentbedingungen von dem Vater sehr seltsam. Erzwungene Dreisamkeit, nie clever. Aber so wurden die Gräben so offensichtlich und waren ständig da, um auf die Stimmung zu drücken. Dazu kommt dann noch, dass Emmeline und Odell jeweils alleine große Dämonen zu tragen haben, die immer an unterschiedlichen Punkten rauskamen, so dass es auch kaum rein unbeschwerte Phasen gab. In all diese Kritikpunkte hinein war so viel Starkes gewoben, was immer hilft, um dann eben weiterzulesen, weil ich auch aus Erfahrung weiß, ich werde am Ende belohnt. Aber bei so einer Liebesgeschichte fällt es einfach eher auf, denn es gibt nicht ständig DIE Höhepunkte, sondern vielmehr eine Beständigkeit, bei der man die Längen deutlich erkennt. Aber ich erahne schon jetzt, dass es im zweiten Band wieder ganz anders wirken wird und da bin ich schon gespannt drauf, denn die Vorlage hier ist gut und hat locker das Potenzial zu sehr gut. Fazit: „Delicate Dream“ hat eine wunderschöne Aufmachung, ein faszinierendes Setting und eine Liebesgeschichte, die sanft und intensiv erzählt wird. Niemeitz‘ Stil passt zu den beiden einfach großartig, aber dennoch ist ein Miteinander, das auch gewisse Schwächen der Erzählung leichter offenlegt. Insgesamt war es thematisch sehr schwer und ein paar mehr Auflockerungen wären gut gewesen. Dennoch guter Auftakt und für Fans von Sprachkünstlern sehr, sehr empfehlenswert!

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