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Buchdoktor

Posted on 27.8.2024

Iida Turpeinen lässt in Einzelkapiteln Entdecker, Zoologen, Mäzene und Bewahrer auftreten, die durch die ausgerottete Stellersche Seekuh miteinander verbunden sind. Als Leser:innen folgen wir Vitus Bering, der auf seiner Kamtschatka-Expedition (1733-1743) für Peter den Großen einen Seeweg suchen sollte, Georg Steller, der 1741 die später nach ihm benannte Seekuh entdeckte, 100 Jahre später Gouverneur Johan Hampus Furuhjelm in Alaska, in Finnland Anatomieprofessor Bonsdorff, Zoologie-Professor Alexander von Nordmann (als Besitzer eines Seekuh-Skeletts) und der wissenschaftlichen Zeichnerin Hilda Olson. Wiederum 100 Jahre später stellt sich 1952 am Beispiel des Vogelschützers John Grönvall und seinem Ei des ausgestorbenen Riesenalks die Frage nach dem Einfluss naturkundlichen Sammelns und Kartierens auf die menschliche Profitgier. Hier hat mich besonders Turpeinens Argumentation beeindruckt, wie in den geschilderten Epochen materieller Wert von Fellen, Eiern, etc. die moralische Bewertung von Tierarten bestimmte: was begehrt war, wurde zum Schädling erklärt und durfte daher bejagt werden. In lockerem, humorvollem Ton erzählt Turpeinen von der Plackerei einer Expedition, die die Teilnehmer an die Grenzen ihrer Kräfte bringt. Der exzentrische Georg Steller war zwar bereit, sich für die Wissenschaft die Zehen abfrieren zu lassen, konnte aber noch nicht begreifen, dass ein Wasserbewohner ertrinken wird, wenn er auf ihn schießt. Außer auf das Schicksal der „sanften Riesen“ richtet Iida Turpeinen ihren Blick auf die Interessen der betroffenen Ureinwohner und die Lebenswelt der Frauen jener Epoche: Ehefrauen, Dienstmädchen und in der Figur der Kapitänstochter Hilda Olson auf jene Frauen, die erstmals durch Leistung im Berufsleben in Konkurrenz mit Männern traten. 4 1/2 Sterne

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