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wandanoir

Posted on 20.8.2024

Anspruchsdenken hoch drei. Die Autorin erzählt von sehr gut verdienenden super Karrierefrauen, die alles haben und alles erreicht haben im Leben, wovon Frau so träumt. Sie haben ein tolles Leben, Einfluss, keinerlei finanziellen Sorgen und können alles tun, worauf sie Lust haben. Sie sehen super gut aus und sind gesund. Kann man mehr wollen? Kann man, denn gerade die Privilegierten sind nie zufrieden. Der Kommentar und das Leseerlebnis: Dieser Roman macht mich fertig. Die Autorin meint diesen Roman doch wohl nicht ernst? Darf man sagen, er handele von reichen Superschnepfen? Ist das eine Beleidigung? Kann man fiktive Personen beleidigen? Ich benutze den Ausdruck „Superschnepfen“ ein wenig resigniert. Denn gegen gutverdienende Frauen, die Karriere machen, ist überhaupt nichts einzuwenden. Im Gegenteil. Aber wie sie in diesem Roman auftreten, sind sie ein Synonym für unsere Gesellschaft beziehungsweise für eine bestimmte Schicht in der Gesellschaft, die glaubt, sie hätte ein verbrieftes Recht auf absolut alles. In unserem Romanfall ist der Kinderwunsch unerfüllt geblieben. Obwohl, wenn ich das so hinschreibe, stimmt das gar nicht. Denn die beiden in Rede stehenden Frauen, Marie-Claire, die Supermoderatorin des Radios und Anahita, die Landesbildungsministerin, also eine Super-Politikerin, haben gar nicht den Wunsch, ein Kind zu begleiten, zu behüten, zu erziehen, sondern sie meinen einfach, nach Jahren, in denen sie prima ohne Kind ausgekommen sind, ihnen stünde Kinderliebe und Kinderlächeln ebenso zu wie ihnen alles andere im Leben zusteht. Wenn es später stört, kann sich ja die Nanny drum kümmern. Ach, und Mr. Right selbstredend. Mr. Right gibt es in Real Life zwar nicht. Sie wissen um diese Illusion, was sie nicht daran hindert, ihn zu wollen. Oder es. Was diese Frauen weder gelernt haben noch lernen wollen, ist, dass Leben bedeutet, Kompromisse zu machen. Und so jagen sie in fortgeschrittenem Alter weiterhin den Möglichkeiten nach, alles zu wollen, Kinder zu bekommen, weil es ihnen zusteht und weil Männer sich ja auch nie innerhalb einer bestimmten Zeitspanne entscheiden müssen, ob oder ob nicht. Und das ist ja so ungerecht. In Klammern, die Natur ist nicht gerecht, sondern effektiv. Wenn ich das Buch nicht festhalten müsste, würde ich fast pausenlos die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Für das „Unglück“ dieser Superschnepfen fehlt mir jedes Verständnis. Wenn man vom Superschnepfengeheul einmal wegschaut, könnte der Roman „Glück“ von der von mir sehr geschätzten Autorin Jackie Thomae ein Roman über unerfüllten Kinderwunsch sein. Darunter kann Frau wirklich leiden. Ein wenig taucht die Autorin deshalb auch ein in den Stand der Wissenschaft heute und zieht darüber hinaus: Denn was heute noch als Science Fiction erscheint, könnte morgen schon Wirklichkeit geworden sein. Das ist sehr geschickt gemacht. Doch müssen es ausgerechnet die reichen Superschnepfen sein, an denen die Problematik aufgehangen wird? Sollte die Botschaft sein, auch reiche Leute haben Probleme, dann lasst mich laut lachen! Freilich nimmt die Autorin Jackie Thomae so manche Entgleisungen und Überspanntheiten unserer Gesellschaft ins Visier, eben auch die Illusion der Alles-Machbarkeit, der sich die Medizin gerne hingibt, dennoch bleibt mir meistens das Lachen im Hals stecken. Haben wir keine anderen Probleme als dieses Selbstmitleid und das Wehklagen verwöhnter Menschen, die überhaupt nicht wissen, was Probleme eigentlich sind und die sich für so wichtig halten, für den Nabel der Welt, dass sie nichts anderes mehr sehen können als sich, ihre Vorteile und ihre Person? Falls die Autorin einen Roman schreiben wollte über das Thema: wieso muss ich mich als Frau zwischen Karriere und Kind entscheiden? so ist ihr das nicht gelungen. Denn die beiden Romanfrauen haben eben nicht während des Erkletterns der Karriereleiter darüber nachgedacht und sich - schweren oder leichten Herzens - dagegen (oder dafür) entschieden oder einen Weg für beides gefunden, sondern sie jammern im Nachhinein. Weil sie nämlich gar keine Entscheidung getroffen haben. Der Roman hat mir trotz seiner fragwürdigen Botschaft ganz gut gefallen, weil er mit Witz geschrieben ist und ich mag Witz und Esprit. Allerdings ist der Schluss nicht gut geraten, als sich alles in Wohlgefallen auflöst, das Kind, wie gewünscht, „zufällig“ erscheint und alsbald zwar nicht zur Nanny abgeschoben wird, aber auf die Großfamilie verteilt. Dies wird dann auch noch als moderne, geschlechtergerechte Lösung ausgegeben. Prost Mahlzeit. Arme Kinder! Fazit: Ein Roman über reiche Superschnepfen, die alles haben und noch mehr wollen. In der Quintessenz moralisch verwerflich, aber vergnüglich zu lesen. Dem Thema unerfüllter Kinderwunsch wird dieser Roman jedoch in keinster Weise gerecht. Nun, es ist kein Sachbuch, für mich läuft er eigentlich unter dem Label Satire. Kategorie: Satire (?) Verlag, Claasen, 2024

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