anne_hahn
"Innerhalb der AfD selbst tobt seit ihrer Gründung ein Richtungsstreit, der wellenartig zu - oder abnimmt, aber nie ganz zu verebben scheint. Einige in der Partei wollen sie immer weiter nach rechts treiben oder gar zu einer Bewegungspartei umformen, sie also mit rechten Protestbewegungen wie Pegida oder völkischen Organisationen wie der Identitären Bewegung Seite an Seite in einen neue Zukunft marschieren lassen. Andere träumen von einer patriotisch gesinnten, aber gemäßigten Kraft, die sich nur knapp rechts der Union positioniert und auch im bürgerlichen Lager auf Stimmenfang geht. Gleichzeitig sickern extrem rechte Positionen zunehmend auch in die Mitte der Gesellschaft ein. Schon heute hat es die AfD geschafft, die Grenzen des Sagbaren immer weiter nach rechts zu verschieben. Gerade in den sozialen Medien haben Hass und Hetze rasant zugenommen, wurden Hemmschwellen abbaut und Gewaltfantasien befeuert." Gut elf Jahre sind vergangen, seit sich in Oberursel im Taunus achtzehn Männer versammelten, um unter einer hölzernen Jesusstaue in einem evangelischen Gemeindesaal eine Partei zu gründen. Die AfD. Kein Grund zum Feiern, aber sehr wohl zu einer Bestandsaufnahme. Das obige Zitat stammt aus dem Vorwort des frisch erschienenen Buches "Ein kurze Geschichte der AfD - Von der Eurokritik zum Remigrationsskandal." Auf knapp 250 Seiten erzählt Eva Kienholz nach, was passiert ist, malt die einführende Zusammenfassung aus. Das ist spannend zu lesen und in der behutsam deutlichen Sachlichkeit, die die Autorin sprachlich zu formulieren vermag, hervorragend! Ohne uns das Grausen der Partei-Ziele zu verschleiern, schildert die studierte Historikerin und Germanistin wie beiläufig die Zuspitzungen einzelner Mitglieder. Das Gruseln setzt bei der Lektüre ein. Wer wissen will, wieso Lucke, Petry oder Meuthen daran gescheitert sind, die AfD als bürgerlich-nationalkonservative Kraft rechts von der CDU zu positionieren, oder warum sich Kubitscheks Institut für Staatspolitik kürzlich auflöste, wird hier fündig. Eva Kienholz legte nach "Ihr Kampf. Wie Höcke & Co. die AfD radikalisieren" (2020, Verlag Das Neue Berlin) eine knapp gehaltene, dennoch komplexe und hochaktuelle Studie zur AfD vor. Besonders wertvoll, empfehlenswert!