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dorli

Posted on 4.8.2024

In seinem Roman „Die Löwin von Jerusalem“ nimmt Ruben Laurin den Leser mit in die Zeit um 1000 v. Chr. nach Israel und erweckt Figuren aus dem 1. und 2. Buch Samuel des Alten Testaments zu neuem Leben. Der Autor hält sich eng an die ursprüngliche Erzählung, schildert den Lebensweg Davids vom Hirtenjungen zum König allerdings aus der Perspektive von Bathseba. Bathseba ist 16 Jahre jung, als sie sich in den Hirtenjungen David verliebt. David, den sie mutig vor einer gefräßigen Löwin beschützt. David, der so wundervoll Harfe spielt und Lieder dichtet. David, der anmaßend und unverschämt ist, ein Großmaul. David, der den Riesen Goliath besiegt. David, der König von Israel wird. David, der Bathseba begehrt, während ihr gewalttätiger Ehemann Uriah sich auf einem Feldzug befindet. David, der zum Sünder wird... Da Bathseba in der Bibel eine sehr kleine Rolle innehat und es entsprechend nur wenige Fakten über die junge Frau gibt, hat Ruben Laurin für sie eine fiktive Biografie angelegt, die sich überzeugend in das historische Umfeld einfügt. Der Autor zeichnet nicht nur ein sehr stimmiges Bild von Zeit und Ort, er scheut sich auch nicht, die alttestamentarischen Grausamkeiten wiederzugeben. Er schildert die Lebensumstände und die zutiefst bewegenden und manchmal erschütternden Ereignisse sehr mitreißend. Er lässt Bathseba vor meinen Augen lebendig werden, so dass ich an ihrem Schicksal teilhaben kann. Ich erlebe mit, wie trotz aller Widrigkeiten aus einem selbstbewussten Mädchen eine starke Frau wird. Bathseba, die auf Geheiß ihres Vaters einen Mann heiraten muss, der als Frauenschläger bekannt ist. Bathseba, die tapfer das ihr auferlegte Schicksal erträgt und geduldig auf eine Gelegenheit wartet, um der jahrelangen Ehehölle zu entkommen. Bathseba, die für ihren Mädchentraum kämpft und bereit ist, für Selbstbestimmung und für eine nicht mehr für möglich gehaltene Freiheit alles aufs Spiel zusetzen. Ruben Laurin erzählt diese tragische Liebesgeschichte auf unterschiedlichen Zeitebenen. Im lockeren Wechsel begegnet man mal den jugendlichen Protagonisten, dann wieder geht es um die späteren Jahre, als David bereits König ist. Darüber hinaus kommt ein auktorialer Erzähler zu Wort, der den Leser direkt anspricht und die Erlebnisse der Akteure schildert. Ich habe diesen Mix aus unterschiedlichen Zeiten und Perspektiven als sehr gelungen empfunden, weil die Handlung dadurch bis zum Schluss lebhaft und abwechslungsreich bleibt. „Die Löwin von Jerusalem“ hat mir sehr gut gefallen - eine dramatische, sehr bewegende Geschichte. Ein Roman für alle, die den Werdegang einer der faszinierendsten Figuren der Bibel einmal aus einer anderen Perspektive entdecken möchten.

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