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„Dann liegt sie rücklings auf dem Deck, klatschnass, in einer Pfütze aus Flusswasser und dünnem Blut. Presst ihren Gehstock fest an sich, so wie Nonnen ihre kleinen goldenen Kreuze.“ Vorab: Die Umschlaggestaltung des Buches ist einfach wunderschön. Eigentlich bin ich keine „Coverkäuferin“, hier hat aber schon das verspielte Design mein Interesse (und meine Leselust) geweckt! Worum geht’s? Hier wird ein Genremix aus Reisebericht, Magischem Realismus (man denke etwa an Allendes „Geisterhaus“) und Historoman präsentiert. Paris, 1885: Das Leben ist eine Reise – im neunzehnten Jahrhundert zwingt eine mysteriöse Krankheit das Mädchen Aubry Tourvel, ständig in Bewegung zu bleiben, denn sie kann höchstens eine Woche lang an einem Ort verweilen, ohne schlimme Schmerzen zu haben. Die Protagonistin muss daher stets geliebte Menschen verlassen. Einzig eine versteckte Bibliothek könnte ihre Linderung verschaffen, daher gibt Aubry die Hoffnung nicht auf… Ich hatte mich vor der Lektüre auf ein phantastisches Abenteuer mit philosophischen Ansätzen eingestellt. Die Exposition las sich noch flüssig, der weitere Handlungsverlauf konnte mich jedoch nicht ganz überzeugen. Zwar fand ich es gut, dass der Eindruck eines reinen Reiseromans durch das Stilmittel der nicht-linearen Erzählweise abgemildert wurde, doch insgesamt fand ich die Figurenzeichnung nicht stimmig und den plot trotz Ortswechseln irgendwie spannungsarm. Französinnen, die „O mon dieu!“ ausrufen, sind ein wandelndes Klischee in meinen Augen. Auch das pacing war seltsam. Beim Lesen musste ich an „Sophies Welt“ von Jostein Gaarder denken, Gaarders Publikation macht für mich jedoch mehr Sinn als das Debut des Bibliothekars Douglas Westerbeke. Leider finde ich, dass in „Die unendliche Reise der Aubry Tourvel“ (unfreiwillig) Elemente von schlechter Sick Lit eingebaut wurden; ich bin kein Fan dieses Genres und gepeinigte Frauen als Protagonistinnen mochte ich schon in Lars von Triers Filmen nicht.