schnaeppchenjaegerin
Am 60. Geburtstag ihres Mannes begegnet Julia im Supermarkt zufällig Helen, der Frau, die sich vor 20 Jahren ihrer angenommen hat, ihr ein kluge Ratgeberin und liebe Freundin war, deren Freundschaft sie jedoch auch in eine missliche Lage gebracht hatte. Erinnerungen kommen auf, an eine Zeit als junge Mutter voller Unsicherheiten, an depressive Phasen und den Druck mit einem nach außen perfekten Leben glücklich sein zu müssen. Fast zeitgleich konfrontiert ihr bisher so gradliniger und bodenständiger Sohn seine Eltern mit einer Nachricht, die vor allem Julia völlig überrumpelt. Tochter Alma, zu der die Verbindung für Julia schon immer schwieriger war, wohnt noch zu Hause, ist jedoch dabei flügge zu werden und das häusliche Nest zu verlassen. Trotz aller Schwierigkeiten mit ihrer trotzigen Tochter fällt es Julia schwer, sie loszulassen. Julia gerät aus dem Takt und droht wieder in alte Muster zu fallen, was ihr ganzes Familien- und Eheleben bedrohen könnte. Der Roman wird aus der Perspektive der 57-jährigen Julia erzählt und erstreckt sich durch Rückblenden über Jahrzehnte hinweg, so dass ihre Entwicklung anschaulich verfolgt werden kann. Julia hatte eine schwierige Kindheit und wurde von ihrer Mutter diverse Male enttäuscht und zurückgewiesen, was in ihr ein Gefühl der Unzulänglichkeit hinterlassen hat. Als Erwachsene leidet sie nach wie vor unter dem gestörten Verhältnis und wünscht sich dennoch des Öfteren eine Mutter an ihrer Seite. Als sie selbst Mutter wird - und nie so werden wollte wie ihre eigene unterkühlte Mutter - glaubt sie nicht zu genügen und fühlt sich unglücklich, obwohl sie mit einem liebevollen Mann und einem aufgeweckten Sohn doch eigentlich glücklich sein sollte. Halt und Freundschaft findet sie in der lebensälteren Helen, wodurch sich Julia nicht mehr nur auf ihre Mutterrolle reduziert sieht, was sie jedoch auch dazu bringt, eine falsche Entscheidung zu treffen, die sie später wieder verfolgt, als ihre Kinder Ankündigungen machen, die Julia aus dem Gleichgewicht bringen. Julias Gefühls- und Erlebniswelt ist eindringlich und lebensnah beschrieben, so dass man sich jederzeit in ihre Lage versetzen und ihre innere Zerrissenheit und daraus resultierende Entscheidungen nachvollziehen kann. Julia kämpft immer wieder mit ihrer Rolle als Mutter, Ehefrau und Tochter und fühlt sich, geprägt von einer zerrütteten Beziehung zu ihrer eigenen Mutter, ungenügend, überflüssig, einsam und unglücklich. Die von einer feinfühligen Beobachtungsgabe geprägte Erzählung wechselt lebhaft zwischen Gegenwart und Vergangenheit, wobei die Zeitsprünge nicht chronologisch erfolgen, was durch die thematisch passenden Übergänge jedoch nicht verwirrend ist. Julias Geschichte ist nicht ungewöhnlich oder wirklichkeitsfremd und diese Authentizität und Empathie für die Figuren sind es, die den Roman ausmachen. Julias Situation und Gedankenspiralen lassen sich auf viele Frauen übertragen. Selbstzweifel und der Druck, glücklich sein zu müssen, wenn nach außen hin alles intakt erscheint, können nur zu gut nachempfunden werden. "Genau so, wie es immer war" ist dennoch keine betrübliche Geschichte, sondern sorgt durch Julias Zynismus und ihre direkte, zumeist unbeholfene Art der Kommunikation, die andere andere zumal vor den Kopf stößt, für humorvolle Dialoge. Julias Weg und Entwicklung zu verfolgen, ist abwechslungsreich und unterhaltsam. Gespannt verfolgt man, ob sich Julias Fehler wiederholen, ob sie ihre Familie zusammenhalten kann und ob eine Art von Versöhnung mit ihrer Mutter möglich ist.