buchstabenpoesie
"Die schönste Version" von Ruth-Maria Thomas ist eine tiefgründiges und emotional aufwühlendes Coming-of-Age Werk, welches die Geschichte der Protagonistin Jella auf zwei Zeitebenen erzählt. Wir begleiten Jella auf ihrem Weg zum Frausein. Unmittelbar zu Beginn des Buches werden die Lesenden mit einem erschütternden Vorfall konfrontiert, dessen Details sich erst allmählich entfalten - dies stellt die erste Zeitebene dar. Die zweite Zeitebene beleuchtet Jellas Vergangenheit und offenbart, wie sie in die Situation geraten ist. Diese Struktur verleiht dem Buch eine besondere Tiefe und Spannung. Ein weiterer Aspekt, der das Buch so fesselnd macht, ist die Frage, ob unsere Protagonistin zu Yannick zurückkehren wird. Diese Ungewissheit hält die Spannung bis zum Schluss aufrecht und sorgt dafür, dass man als Leser:in ständig mitfiebert. Man hofft inständig, dass sie sich von diesem Mann fernhält, aber die Unsicherheit darüber, wie sie sich letztendlich entscheiden wird, macht die Geschichte so mitreißend. Es ist inspirierend zu sehen, wie Jella schließlich eine mutige Entscheidung trifft. Ihre Entschlossenheit kann auch anderen Mut machen und zeigt, dass es möglich ist, sich aus toxischen Beziehungen zu befreien. Es werden zentrale Aspekte des Feminismus und der patriarchalen Strukturen unserer Gesellschaft thematisiert. Das Buch zeigt auf, wie tief verwurzelte gesellschaftliche Erwartungen das Leben von Frauen und Mädchen prägen. Das Buch berührt mit Themen wie den sogenannten „Pick-me-Girls“, die durch ihr Verhalten oft in eine Opferrolle gedrängt werden, für die sie selbst verantwortlich gemacht werden. Diese Problematik ist erschütternd und verdeutlicht die gesellschaftlichen Missstände, die dringend mehr Aufmerksamkeit benötigen. Darüber hinaus thematisiert das Buch häusliche Gewalt an Frauen - worüber es meines Wissens bislang nur wenig Romane gibt - und dysfunktionale Beziehungen. Es führt die Lesenden durch gefühlschaotische Zustände, zeigt Einschüchterung, Bindung und Manipulation. Die toxische Beziehung zwischen Jella und Yannick, die von physischer und psychischer häuslicher Gewalt geprägt ist, steht im Vordergrund. Das Buch ist eine schonungslose Darstellung dieser Themen und beleuchtet die komplexen Dynamiken, die solche Beziehungen kennzeichnen. Der Schreibstil ist kraftvoll und intensiv, für mich zu vulgär und beinahe anwidernd. Die Art und Weise wie Traumata und prägende Erlebnisse aus Jellas Kindheit beschrieben werden, ist überwältigend. Es ist fast unmöglich, nicht über die Geschichte im Alltag nachzudenken. Die Schilderungen sind so eindringlich, dass eine Triggerwarnung am Anfang des Buches wünschenswert gewesen wäre, da die behandelten Themen und Ereignisse äußerst belastend sind. *Fazit* Es hat mich beeindruckt, wie vielschichtig und komplex das Buch ist. Obwohl die vulgäre Sprache nicht jedem Lesenden zusagen wird, ist der Inhalt von großer Bedeutung und stellt ein Highlight dar. Dieses Werk ist verfügt über eine wahnsinnige Intensität und Schonungslosigkeit. Es thematisiert auf wichtige und notwendige Weise die oft vernachlässigten Aspekte unserer Gesellschaft. Insgesamt ist die "Die schönste Version“ ein inhaltlich äußerst bedeutendes und wertvolles Buch, das den Lesenden nachhaltig beschäftigt und zum Nachdenken anregt.